Der wegen des Mordes an seinem Onkel rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilte, norditalienische Unternehmer Giacomo B. ist nach elftägiger Flucht und nach seiner Festnahme von einem Gefängnis in der Provinz Brescia in die Strafanstalt „Opera“ nahe Mailand verlegt worden. Der 39-Jährige sei nach der Verhaftung schwer geschockt und beteuere seine Unschuld, berichteten italienische Medien. Ein österreichischer Zeuge könne ihn vom Mordvorwurf entlasten, versicherte er.

Die Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ berichtete am Samstag, der Unternehmer habe den in dem Fall ermittelnden Staatsanwalt in einem Schreiben gebeten, die Ermittlungen neu aufzurollen. Ein österreichischer Zeuge könne seine Unschuld beweisen, so der Tatverdächtige.

Am Gardasee ins Netz gegangen

Nach zehn Tagen Suche in ganz Europa war der Italiener, der seinen Onkel ermordet und in einem Schmelzofen verbrannt haben soll, am Donnerstag festgenommen worden. Der 39-Jährige ging der Polizei in seinem Haus in Soiano am Gardasee ins Netz, wie die Behörden mitteilten. Die genauen Umstände der Verhaftung waren zunächst unklar. Zuletzt war vermutet worden, dass sich der Unternehmer noch vor seiner endgültigen Verurteilung zu lebenslanger Haft nach Spanien oder Nordafrika abgesetzt habe.

Bewachung rund um die Uhr

Aus Sorge, er könne sich das Leben nehmen, wird der Unternehmer im Mailänder Gefängnis rund um die Uhr bewacht, wie die Justizbehörden mitteilten. Die Ermittler wollen klären, ob Komplizen ihm bei seiner Flucht geholfen haben könnten.

Der Stahlunternehmer war am 1. Juli vom Obersten Gericht in Rom wegen Mordes rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hielt sich in den vergangenen Tagen in Spanien auf. Vermutet wird, dass er auf Druck seiner Frau, mit der er einen neunjährigen Sohn hat, beschloss, von Spanien in seine Villa nach Soiano in der Provinz Brescia zurückzukehren; dort wurde er am Donnerstag gefasst.

Lebenslänglich

Der Fall beschäftigt die italienische Öffentlichkeit seit Tagen. Der Unternehmer wurde vergangene Woche zu lebenslänglich verurteilt, weil er 2015 seinen Onkel getötet und die Leiche in den Schmelzofen des Stahlwerks des Familienunternehmens geworfen haben soll, um so jede Spur zu vernichten. Zwischen den beiden hatte es öfters Streit um die Führung des Familienunternehmens gegeben. Laut den Ermittlern hatte der Mann Hassgefühle gegenüber seinem Onkel, weil dieser aus seiner Sicht hinter dem Rücken der übrigen Familie Geld gescheffelt hatte.

Nach der Verurteilung waren der Unternehmer, seine Ehefrau und der gemeinsame neunjährige Sohn verschwunden. Ihre Namen wurden in die nationale Datenbank der Strafverfolgungsbehörden aufgenommen. Nach einigen Tagen meldeten sich die Frau und der Sohn, sie waren nach Hause zurückgekehrt. Die Frau behauptete, sie habe mit ihrem Mann eine Reise nach Spanien unternommen, danach hätten sich ihre Wege getrennt. Vom Unternehmer fehlte bis Donnerstag jede Spur. Die Ermittler hatten vermutet, dass er sich von Spanien nach Nordafrika abgesetzt habe.

„Onkel geliebt“

In Haft saß der verurteilte Neffe bis Donnerstag keinen einzigen Tag. Auch ein Geständnis legte er nie ab. Im Prozess behauptete er, seinen Onkel geliebt zu haben. Den Leichnam des Ermordeten entsorgte der Neffe nach den Ermittlungen sofort nach der Tat mithilfe von zwei Arbeitern im Hochofen. Einer der beiden wurde sechs Tage danach tot in einem Wald gefunden. Er hatte vermutlich Selbstmord begangen. Im Haus dieses Arbeiters wurden Banknoten im Wert von 4400 Euro gefunden, in Umlauf gebracht von der österreichischen Nationalbank. Laut den Richtern war dies eine Anzahlung für den Betrag, den der Arbeiter für seine Hilfe beim Wegschaffen der Leiche des Onkels bekommen sollte.