Eine Darmspiegelung (Koloskopie) ist eine wichtige Vorsorgeuntersuchung. „Komplikationen treten sehr, sehr selten auf“, heißt es in einem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt. Doch einer Kärntnerin ist diese Seltenheit passiert: Sie ließ eine Koloskopie in einer Arztpraxis durchführen. Dabei kam es laut Gericht „zu einer Perforation der Darmwand“. Die Untersuchung wurde sofort abgebrochen und die Frau ins Klinikum überstellt. Sie musste wegen der durchlöcherten Darmwand notoperiert werden.
Danach klagte die Betroffene die verantwortliche Arztpraxis auf 20.000 Euro sowie Haftung für die Folgen. Ihre Hauptargumente: Sie sei nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Statt eines Mediziners habe eine Assistentin die Aufklärung durchgeführt. „Es sei unzulässig, von einer nichtärztlichen Mitarbeiterin aufgeklärt zu werden“, betont Paul Wolf, der Anwalt der Patientin. Das Ausfüllen eines Standard-Fragebogens allein sei nicht ausreichend, auch wenn darin detaillierte Informationen enthalten sind. „Wäre die Patientin vollumfänglich über die Risiken und Komplikationen aufgeklärt worden, hätte sie in den Eingriff nicht eingewilligt.“
1000 Gespräche
Anwalt Farhad Paya forderte eine Abweisung der Klage. „Die Patientin ist in der Ordination über den Eingriff und die Risiken informiert worden“, sagt Paya, der Arztpraxis vertritt. Eine „geschulte Mitarbeiterin“ habe mit der Patientin rechtzeitig alles geklärt. Diese Assistentin habe schon 1000 solcher Gespräche geführt.
Laut Gutachten kann „mit einer Perforation der Darmwand auch Lebensgefahr verbunden sein“, im Falle der Klägerin war das aber nicht so. Wie und warum es zu der Komplikation gekommen ist, blieb in dem Verfahren offen, weil es „sich nicht mit Sicherheit klären ließ“. Daher ging es in dem Prozess vor allem um den Vorwurf der fehlerhaften Aufklärung. „Patienten muss in jedem Fall eine Gelegenheit zu einem Aufklärungsgespräch mit dem behandelnden Arzt gegeben werden“, meint Anwalt Wolf.
Das sah auch das Gericht in erster Instanz so und gab der Patientin grundsätzlich Recht. Paya bestätigt: „Im ersten Rechtsgang hat das Gericht die Arztpraxis wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt.“ Doch er hat dagegen Berufung erhoben.
Komplikation
Nun gibt es ein völlig anderes Urteil: Die Klage wurde abgewiesen. Mit einer interessanten Begründung. Sinngemäß sagt die Richterin, dass die Klägerin die Untersuchung – die bei ihr medizinisch indiziert war – so oder so durchführen lassen hätte. Denn die Frau habe ausgesagt, dass sie schon einmal eine Koloskopie gehabt habe, und sie sich „auch wenn es ein Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt gegeben hätte“, trotzdem zu der Untersuchung entschlossen hätte. „Die Behauptung, dass sie sich bei entsprechender Aufklärung nicht für den Eingriff entschieden hätte“, sei aufgrund ihrer eigenen Aussage als widerlegt anzusehen.
Strengere Regeln
„In dem Urteil stellt das Gericht zwar fest, dass die Arztpraxis ihre Aufklärungspflicht verletzt hat. Das kommt aber deswegen nicht zu tragen, weil die Patientin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung, der Koloskopie zugestimmt hätte,“ fasst Paya zusammen. Anwalt Wolf sagt, dass die Richtlinien in Deutschland viel eindeutiger seien, „weil dort verpflichtend ausschließlich der Arzt die Aufklärung durchzuführen hat“. In Österreich fehle dazu höchstgerichtliche Judikatur.