Sein Unternehmen, die Technopark Raaba Holding, kennt Hannes Schreiner in- und auswendig. Immerhin hat er den Familienbetrieb schon vor fünf Jahren, im jungen Alter von 23, zusammen mit seinem Bruder übernommen. Doch bei einem Meeting vor einem Jahr wusste er plötzlich gar nichts mehr. 

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Die Unternehmenszahlen, die Namen der Werke, die Klienten, mit denen zusammengearbeitet wurde - er konnte nichts davon nennen. „Ich hatte einen totalen Gedächtnisverlust“, beschreibt Schreiner die Situation. „Also entschuldigte ich mich kurz.“ Seiner damaligen Freundin - sie ist Krankenschwester - schickte er eine Sprachnachricht. „Sie hat sofort erkannt, dass das, was ich hatte, ein Schlaganfall war“, sagt Schreiner, der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zusammenhängend sprechen konnte. Mit dem Rettungswagen wurde er sofort ins Krankenhaus gebracht.

Arbeit in Familienbetrieb

Ein Schlaganfall mit 27 Jahren. Das zog Schreiner, der sonst immer auf der Überholspur unterwegs war, den Boden unter den Füßen weg. Natürlich war auch sein Weg mit Herausforderungen geprägt - in der Schule blieb er zwei Mal sitzen. Doch gleich nach dem Bundesheer stieg er im Familienbetrieb ein. In dieser Zeit absolvierte er berufsbegleitend ein Business-Management-Studium. Dreieinhalb Jahre lang arbeitete er von Montag bis Freitag und verbrachte so manches Wochenende in Lehrveranstaltungen, bevor er in Klagenfurt sein hart erarbeitetes Diplom entgegennehmen konnte.

Nach der Betriebsübernahme gab es auch Skeptiker, immerhin war er als Sohn des Chefs in einer privilegierten Lage. Hatte er so einen Posten überhaupt verdient? Schreiner lieferte prompt die Erfolge, die genau das beweisen sollten. Und: „Inzwischen denke ich mir: Neid muss man sich erarbeiten.“ 

Loch im Herzen

Viel Arbeit, wenig Schlaf, dafür aber Veranstaltungen, wo es auch Alkohol gab - so sah das Leben von Schreiner aus. Auslöser für den Schlaganfall war allerdings nicht nur Stress. Nachdem er mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus gebracht wurde, wartete auf ihn der nächste Schock: „Im Krankenhaus stellten sie fest, dass ich seit der Geburt ein Loch im Herzen hatte, also wurde ich operiert.“ Insgesamt 14 Tage sollte er im Krankenhaus verbringen, fünf davon wurde er intensivmedizinisch betreut. An den Eingriff, bei dem Schreiner zwar sediert, aber bei Bewusstsein war, erinnert er sich noch: „Im Hintergrund lief Antenne Steiermark und über einen Bildschirm konnte ich beobachten, wie sie mit einem Schirmchen das Loch im Herz zugemacht haben.“ 

Schreiner in seinem Büro
Schreiner in seinem Büro © Lukas Kohlmaier

Schlaganfall als Weckruf

Auch heute, ein Jahr später, ist Schreiner noch ein Arbeitstier. Ein Weckruf war der Schlaganfall dennoch: „Er hat mich sehr geprägt. Ich mache heute viel mehr Sport und ernähre mich gesünder. Außerdem nehme ich öfter Urlaub.“ Auch was sein Unternehmen angeht, hat dieser Schock vieles in Relation gesetzt. „Schon davor war mir Nachhaltigkeit wichtig und ich habe mir Projekte vorgenommen, die ich in Zukunft einmal machen wollte“, erzählt der 28-Jährige. Nach seinem Schlaganfall wollte er aber nicht mehr warten. Zwei Projekte sind bereits in Planung, so viel kann er verraten: „Eines bezieht sich auf die Lebensmittelbranche, das andere ist im Bildungsbereich.“ 

Wenn Schreiner über seinen Werdegang und den Familienbetrieb spricht, lässt er eines nicht unerwähnt: „Ich bin in einer privilegierten Situation.“ Nicht jeder hat die Chance im familieneigenen Betrieb ins Berufsleben einzusteigen und Karriere zu machen. Schreiner appelliert an alle, die eine ähnlich gute Ausgangslage haben, sich dessen bewusst zu sein - und auch zurückzugeben, an die Gesellschaft: „Man muss auf alle schauen. Wir haben in der Gesellschaft einen friedvollen Umgang, aber wenn sich nichts ändert, sehe ich eine extreme Gefahr für einen Umbruch.“ Und all jenen, die weniger privilegiert sind, rät er: „Gebt nie auf und glaubt an euch. Und ganz wichtig: Habt nicht nur Motivation, sondern auch Disziplin.“