Kärnten bekommt ein eigenes Energiewendegesetz: Der Beschluss einer Regierungsvorlage, die Verfahren für erneuerbare Energieanlagen deutlich beschleunigen und entbürokratisieren soll, wurde am Montag gefasst. Vier Gesetzesmaterien - Raumordnungsgesetz, Bauordnung, Elektrizitätsgesetz und Elektrizitätswirtschaftsgesetz – werden darin aufeinander abgestimmt, sodass doppelte Verfahren künftig entfallen und Schwellenwerte für Bewilligungspflichten harmonisiert werden sollen.
Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP) betont, man gehe mit dem Energiewendegesetz „einen eigenen Kärntner Weg. Wir vereinfachen, wir beschleunigen, aber wir lassen keinen Wildwuchs zu.“ Energiereferent Sebastian Schuschnig (ÖVP) sieht im Beschluss, „eine wesentliche Entscheidung für den Standort Kärnten. Weil Energiepolitik auch Standortpolitik ist, denn es geht dabei um Versorgungssicherheit für Betriebe und Haushalte.“
Als Kernstück des Gesetzes ortet man die erstmalige gesetzliche Verankerung, dass Anlagen für erneuerbare Energie im überwiegenden öffentliche Interesse liegen. Künftig sollen alle Erneuerbaren-Anlagen nach dem Baurecht nur mehr anzeigepflichtig sein, lange Bauverfahren sollen entfallen. Hunderte Verfahren würden auch im Elektrizitätsrecht obsolet, indem der Schwellenwert für die Bewilligungspflicht dort von 5 kW auf 500 kW angehoben würden. Weiters würden durch die Novelle doppelte Verfahren abgeschafft.
„Sorgsamer Umgang mit Kärntner Boden“
Was die Sammelnovelle nicht enthalte, sei eine Anzahl an Windrädern oder PV-Anlagen, die von Landesseite beabsichtigt wären., heißt es in einer Aussendung des Landes. Gruber und Schuschnig betonen, man habe bei der Erarbeitung der Regierungsvorlage immer auf einen sorgsamen Umgang mit Kärntner Boden geachtet. Sensible Landschaftsräume, wie etwa rote Gefahrenzonen, Naturschutzgebiete oder wertvollste agrarische Flächen werden auch weiterhin vor Verbauung durch Energieanlagen geschützt bleiben. „Wir wollen ermöglichen, statt verhindern. Aber wir gehen dabei mit Hausverstand und Sorgfalt vor“, betont Gruber. Die neue Photovoltaik-Anlagen-Verordnung werde dafür auch der Beweis sein. Sie soll als erste Verordnung nach Inkrafttreten des Energiewendegesetzes beschlossen werden. Denn die Regierungsvorlage geht nun unverzüglich zur weiteren Beratung an den Kärntner Landtag. Ziel wäre eine Beschlussfassung noch vor der Sommerpause. „Denn Kärnten kann sich keine weiteren Verzögerungen bei der Energiewende leisten“, betont Schuschnig. Der Landtag tagt am 18. Juli.
Reaktion der Industriellenvereinigung
Die Änderung der Gesetzgebung sei Teil der Forderungen der Industriellenvereinigung in dem 20-Punkte-Programm gewesen, das im Vorjahr nach der Landtagswahl vorgestellt worden sei, begrüßt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten, den Beschluss zum Energiewendegesetz. Besonders positiv zu beurteilen sei aus Sicht der IV das in dem Gesetz verankerte übergeordnete öffentliche Interesse gegenüber der Erhaltung des Landschaftsbildes, so Mischensky. „Auch Maßnahmen wie die jetzt vorliegende PV-Verordnung werden seitens der Industrie begrüßt. Sie dienen gerade durch den Wegfall von gesonderten Widmungsverfahren der Beschleunigung.“
Kritik der Grünen und FPÖ
„Mit rigiden Vorgaben im Energiewendegesetz schafft die Kärntner Landesregierung den dringend notwendigen Meilenstein für einen Turbo im Erneuerbaren-Ausbau nicht“, kommentiert Nationalratsabgeordnete und Landessprecherin Olga Voglauer den Beschluss der Regierung. „Die Windkraft ist unerlässlich für das Gelingen der Energiewende, um die Schwankungen der PV-Anlagen auszugleichen. Dafür braucht es ausgewiesene Zonen und eine entsprechende Energieraumplanung. Dieser Aspekt wird allerdings gänzlich ausgeklammert.
FPÖ-Chef Klubobmann Erwin Angerer betonte, dass nun der Zerstörung der Kärntner Heimat durch Windräder Tür und Tor geöffnet sei. „Das Gesetz bedeutet eine Vereinfachung und Beschleunigung für die Zerstörung unserer Heimat, unserer Kultur- und vor allem unserer Berglandschaft. Was die Kärntner Seen schon hinter sich haben, kommt nun auf die noch weitgehend unberührte Berglandschaft zu: Die industrielle Totalverbauung! Die einzigen Gewinner werden internationale Konzerne sein und als Verlierer bleibt unsere Heimat und die Kärntner Bevölkerung übrig“, betont Angerer. Im Lavanttal, in Gnesau, in Metnitz oder in Rennweg würden schon genügend neue Windkraft-Projekte in den Schubladen der Konzerne liegen.
„Viele Fake-News“
Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer betont, dass das Team Kärnten dazu im zuständigen Fachausschuss des Landtages eine Vielzahl an Auskunftspersonen laden werde: „Wichtig wird sein, dass Sorgen und Ängste besprochen und abgebaut werden. Rund um diese Gesetzesmaterie befindet sich eine Vielzahl an Fake News im Umlauf.“ Essenziell sei laut Köfer, dass Vorhaben und Verfahren bei erneuerbaren Energieprojekten endlich schneller vonstattengehen: „Kärnten hat in diesem Bereich sehr viel verschlafen und ist vom Musterschüler zum Sorgenkind geworden. Unser Bundesland muss den Schalter von Verhinderung auf Ermöglichung umlegen.“