Kaum ein Song beschäftigt den deutschsprachigen Raum aktuell so wie Gigi D’Agostinos „L’amour toujours“. Der 2001 veröffentlichte Song galt lange Zeit als Hymne des Unbeschwerten, auch in Stadien und bei anderen Großevents wurde er gerne – durchaus mit anderen Texten – gesungen. Sogar die Cracks des KAC wurden zu dieser Melodie als „Klagenfurter Jungs“ angefeuert.

Seit einigen Monaten wird der Song jedoch auf TikTok und Instagram mit rassistischen Parolen entstellt: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ wird zu D’Agostinos Refrain gegrölt – lange Zeit unter dem großen öffentlichen Radar. Vor einigen Tagen tauchte dann ein Video von Jugendlichen auf der deutschen Nobelinsel Sylt auf, in dem der rassistische Text besungen wurde. Jugendlicher Blödsinn ist das Ganze allerdings keineswegs – auch im strafrechtlichen Sinne nicht. Der Staatsschutz in Deutschland ermittelt bereits, viele der betroffenen Jugendlichen haben ihren Job verloren.

Rassistische Parolen

Am Dienstag tauchte dann ein erstes Video mit ähnlichem Inhalt aus Kärnten auf, es wurde über die Instagram-Seite „Klagenfurt Elite“ verbreitet. Im Villacher „V-Club“ wurde „L’amour toujours“ gespielt, mehrere Gäste im Club grölten dazu rassistische Parolen. Mittlerweile hat sich dessen Betreiber, Rüdiger Kopeinig, zur Causa geäußert. Gegenüber der Kleinen Zeitung erklärt er: „Wir distanzieren uns davon, Rassismus hat bei uns nichts zu suchen. Ich habe Pakistani, Afghanen und Iraner angestellt. Mehr als die Hälfte meiner 46 Mitarbeiter hat Migrationshintergrund.“

Generell könne er sich gar nicht vorstellen, dass seine Gäste so etwas singen würden - die Echtheit des Videos zweifelt er demnach an: „Korrekt ist, dass das Video wirklich aus unserer Location stammt. Doch ich sehe niemanden singen. Ich denke, dass das jemand mit KI eingespielt hat. Wenn bei uns auf der Tanzfläche gefilmt wird, hört sich das viel verzerrter an.“ Darüber hinaus sei, das hätten Kopeinigs interne Recherchen ergeben, das besagte Lied von Gigi D’Agostino im V-Club seit der Eröffnung 2008 nicht mehr gespielt worden. „Wenn wir solche Parolen gehört hätten, wären wir eingeschritten“, versichert er.

Indes tauchten weitere Videos mit diesem oder ähnlichem Inhalt aus Kärnten auf. Laut Beschreibung stammen diese bereits von einer Party Mitte Februar in einem Klagenfurter Lokal. Die Lokal-Betreiber haben sich bisher noch nicht dazu geäußert.

„Personen werden aus Club geworfen“

Sehr wohl öffentlich Stellung bezogen hat Ingo Webernig, eines der bekannten Gesichter der Kärntner Event-Szene, der besonders durch sein Volxhaus bekannt war und heute u. a. Pressesprecher des VKZ (Veranstaltungszentrum Klagenfurt) ist: „Ich liebe den Song, Gigi D’Agostino ist ein Held meiner Jugend. Ihm kann man nichts anlasten, nur weil Idioten einen rassistischen Text über ‚L’amour toujours‘ legen.“ Laut ihm gebe es auch viele weitere Lieder, die von Rechtsextremen (oder jenen, die sich von solchen zu derartigen Aktionen anstiften lassen) missbraucht würden: „Doch da fällt es nicht auf, weil sie viel unbekannter sind“, so Webernig, der auch selbst lange Zeit als DJ aktiv war.

Zu einem Verbot des Liedes, wie das etwa die Veranstalter des Münchner Oktoberfests kürzlich verlautbaren ließen, werde es in seinem Bereich nicht kommen: „Bei uns wird das Lied definitiv weitergespielt werden. Sollte es zu rassistischen Ausbrüchen kommen, wird die Musik sofort abgestellt, und ich kann im Namen von uns allen garantieren, dass die entsprechenden Personen sofort aus dem Club geworfen werden“, so Webernig, der diesbezüglich sogar von einer „Vergewaltigung von Kunst“ spricht. Laut ihm könne die von vielen als „jugendlicher Blödsinn“ abgetane Aktion schnell zu einer rechten Parole der Masse werden. „Deshalb sind wir hier weit weg von Fragen der Meinungsfreiheit.“

Polizei ermittelt, Politik reagiert

Die neu aufgetauchten Videos schlagen hohe Wellen, das ist auch an der Kärntner Polizei nicht spurlos vorbeigegangen: „Wir kennen die Videos, haben die Causa bereits am Radar. Nun wird inhaltlich geprüft und ermittelt“, erklärt Chefinspektor Mario Nemetz auf Anfrage der Kleinen Zeitung. Auch die Echtheit werde geprüft – wie genau, das möchte man jedoch (noch) nicht verraten: „Wir wollen uns in Sachen Kriminaltechnik nicht in die Karten schauen lassen. Bald werden wir mehr dazu wissen.“

Mittlerweile haben sich auch die ersten Kärntner zu Wort gemeldet. Landeshauptmann Peter Kaiser erklärt in offensichtlicher Anlehnung an Bundespräsident Van der Bellen: „So sind wir nicht! So ist Kärnten nicht! Kärnten ist gelebte Vielfalt.“ Man werde sich durch „unappetitlichen und dummen Unfug“ nicht vom eingeschlagenen Weg der Toleranz abbringen lassen. ÖVP-Klubobmann Markus Malle zeigte sich zutiefst beunruhigt: „Das ist kein witziger Party-Gag, sondern lupenreiner Rassismus – und so etwas darf es bei uns nicht geben.“ Er appelliere an den Hausverstand jedes einzelnen, „solche Dummheiten zu unterlassen“. Ähnlich sieht das auch dessen Parteikollege, Nationalratsabgeordneter Peter Weidinger. Er zeigt sich „erschütternd, dass solche Hassgesänge auch in meinem Heimatbundesland stattfinden.“