Als Elisabeth Stadler zum ersten Mal Mama wurde, erfuhr sie von einem schwerkranken Baby in ihrem Umfeld. Das war für sie und ihren Mann Anlass, ihre Stammzellen beim Verein „Geben für Leben“ registrieren zu lassen. „Jeder sollte das tun“, sagt die 35-jährige Lehrerin aus Klagenfurt. Gesunde Stammzellen sind für viele Menschen das letzte Mittel im Kampf gegen Leukämie, seltene Blutkrankheiten oder Gendefekte. Wenn Chemotherapien und Bestrahlungen nicht helfen, wird eine Stammzellenspenderin oder ein -spender gesucht und hin und wieder gefunden. Oft ist es eine verzweifelte Suche – wie nach einer Nadel im Heuhaufen. „Die Chance, passende Stammzellen außerhalb der Familie zu finden, liegt im besten Fall bei 1:500.000“, sagt Julia Neugebauer, Sprecherin des Vereins „Geben für Leben“. Elisabeth Stadler war dieser „beste Fall“. Sie wurde gesucht und gefunden. „Und nun hat sie einem schwerkranken Mann aus den USA die Chance aufs Überleben geschenkt“, ist Neugebauer gerührt.
Denn nachdem sich Stadler im Jahr 2019 als Stammzellenspenderin registrieren hat lassen, kamen ihre Daten in eine weltweite Datenbank. Jetzt, fünf Jahre später, wurde sie vom Verein „Geben für Leben“ angerufen und gefragt, ob sie einem Patienten helfen könnte. Denn die Stammzellen der Klagenfurterin passen genau zu dem kranken Mann, der in den USA ums Überleben kämpft. Sie ist sozusagen sein genetischer Zwilling. „Damit hätte ich nie gerechnet“, meint Stadler.
Mittlerweile haben sie und ihr Mann zwei Kinder – die beiden Buben sind fünf und zwei Jahre alt. „Ich bin dankbar für unsere Gesundheit und froh, dass ich nicht selbst in der Situation bin, auf einen fremden Menschen angewiesen zu sein.“ Dementsprechend schnell fiel ihre Entscheidung, dem unbekannten Mann ihre Stammzellen zu spenden. Zuvor wurde sie noch medizinisch genau untersucht. „Vom Bauchultraschall bis zum Lungenröntgen wurde alles gemacht. Das ist wichtig, denn der kranke Mann übernimmt quasi meinen kompletten Immunstatus“, schildert Stadler. Nach den medizinischen Tests musste sie sich zu Hause selbst Aktivierungsspritzen geben, damit sich ihre Stammzellen vermehren. Die Entnahme des Blutes erfolgte dann im LKH Graz. „Ich bin am Vorabend hingefahren und übernachtete in einem Hotel. Alles wurde vom Verein ‚Geben für Leben‘ bezahlt und organisiert. Ich war bestens aufgehoben.“ Da am ersten Tag nicht genug Stammzellen geerntet werden konnten, musste sie ein zweites Mal ins Krankenhaus. „Nach den ersten fünf Stunden in der Klinik in Graz bin ich mit meinem Mann wieder zu den Kindern heimgefahren und am nächsten Morgen fuhr ich wieder von Klagenfurt nach Graz und lag wieder fünf Stunden im Spital, damit mir weitere Stammzellen entnommen werden können. Es war nur ein kleiner Aufwand, wenn man bedenkt, dass man damit einen Menschen retten kann“, sagt die Lehrerin.
Demut
Die Krebserkrankung von anderen Menschen so hautnah mitzubekommen, mache demütig, schildert die Kärntnerin. Aber anderen zu helfen, ist für Stadler nichts Neues: Als Lehrerin kümmert sie sich um verhaltensauffällige Schüler, als Soroptimistin setzt sie auch für Frauen und Kinder ein, die Unterstützung brauchen.
In ihrer Freizeit ist sie gerne im Garten und in der Natur und genießt die Zeit mit der Familie. In Gedanken ist sie derzeit auch oft bei dem kranken Mann in den USA, der ihre Stammzellen bekommen hat. „Ich hoffe sehr, dass es ihm bald besser geht. Vielleicht lerne ich ihn ja einmal kennen.“