Ein Türsteher hat einen der größten Drogenfälle der vergangenen Jahre ins Rollen gebracht: Der Sicherheitsmann entdeckte im März 2023 bei einem Gast (23) Dutzende Päckchen Drogen, die dieser in einer Klagenfurter Disco verkaufen wollte. Der 23-Jährige wurde festgenommen. Er war ein sogenannter Streetrunner, ein „fliegender“ Drogenhändler, der im Großraum Klagenfurt Kokain und Heroin verkauft hat. Beamte des Stadtpolizeikommandos (SPK) und des Landeskriminalamtes (LKA) begannen zu ermitteln.
Bald war klar: Der 23-Jährige ist ein Rädchen einer großen Bande, wie die Polizei am Donnerstag in einer Pressekonferenz bekannt gegeben hat. Es sei ein nicht alltäglicher Fall, der die Ermittler mehr als ein Jahr lang beschäftigt hat, so Katrin Horn, Leiterin des Kriminalreferates im SPK Klagenfurt.
Am 30. Juni schlugen die Kärntner Polizisten, unterstützt vom Einsatzkommando Cobra, zu und nahmen in einem bekannten Klagenfurter Hotel vier Männer fest, die gerade 1,5 Kilogramm Kokain verkaufen wollten. Über Wochen wurde das Hotel von Ermittlern observiert. Auch die Gegenseite war vorbereitet: Zur Überwachung des Drogendeals kam eigens ein bewaffneter Bodyguard aus Serbien nach Kärnten. „Zu diesem Zeitpunkt hat sich für uns der Verdacht erhärtet, dass ein Mastermind hinter allem steht“, sagte Gottlieb Schrittesser, Fachbereichsleiter Suchtmitteldelikte im SPK Klagenfurt.
Ein Verdacht, der sich bewahrheitet hat: Zur selben Zeit ermittelten Beamte der Polizeiinspektion (PI) Leibnitz und des LKA Steiermark gegen mehrere Dealer. „Klassische Fälle, in denen Drogenhändler nach Graz fahren, um sich Kokain und Heroin zu besorgen“, sagte Erich Schnedl, Ermittlungsbereichsleiter Suchtmittelkriminalität im LKA Steiermark. Wie in Kärnten benutzten diese eine französische Messenger-App, um verschlüsselt untereinander und mit ihren Kunden zu kommunizieren.
„Operation Samo Jako“
Allerdings saßen die Bosse nicht wie anfangs vermutet im Ausland, sondern in der Justizanstalt Graz-Karlau. Zeitweise teilten sie sich sogar denselben Haftraum. Von dort organisierten die Männer – ein Bosnier (35) und ein Österreicher (31) mit kroatischen Wurzeln – mit eingeschmuggelten Handys die Drogengeschäfte. Die beiden saßen mehrjährige Haftstrafen wegen Gewalt- und Drogendelikten ab. Einer von ihnen verwendete auf der Messenger-App das Pseudonym „Samo Jako“. Der Titel eines serbischen Songs bedeutet übersetzt „Nur stark“ und wurde zum Namensgeber der gesamten Ermittlungen. Die Männer innerhalb der Justizanstalt zu lokalisieren und ihnen die Taten nachzuweisen, sei nur mit massiver Unterstützung der Justizverantwortlichen möglich gewesen, so Schnedl.
Wie gefährlich die „Operation Samo Jako“ war, zeigen zwei Vorfälle: Bei der Festnahme des „Statthalters der Bande in Kärnten“, wurde unter dem Bett des Mannes eine geladene Waffe gefunden, berichtete Schrittesser. Als ein weiterer Verdächtiger festgenommen werden sollte, flüchtete er vor der Polizei und lieferte sich mit den Beamten eine wilde Verfolgungsjagd über die Südautobahn. Ehe er im Bereich Völkermarkt gestoppt wurde, fuhr er mit Vollgas auf Polizisten zu, die jedoch ausweichen konnten und so unverletzt geblieben sind.
Bisher wurden 23 Mitglieder, darunter zwei Frauen, der streng hierarchisch organisierten und gewaltbereiten Bande ausgeforscht und festgenommen: Dabei handelt es sich um 16 Österreicher, je drei serbische und slowenische sowie einen kroatischen Staatsbürger. Zwölf Täter aus unteren Ebenen wurden in den vergangenen Monaten in Klagenfurt und Graz bereits zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und acht Jahren verurteilt. Die beiden Bosse und weitere führende Bandenmitglieder sollen demnächst angeklagt werden. Ihnen drohen aufgrund der besonderen Schwere der Taten (kriminelle Vereinigung, viele Abnehmer, große Drogenmenge mit hohem Reinheitsgehalt) lebenslange Haftstrafen.