Die Sanierungs- und Bauarbeiten auf der Tauernautobahn (A 10), die bis Ende Juni dauern, haben Kärnten Werbung, Kärnten Card und die Großglockner Hochalpenstraßen (Grohag) AG zu einer ungewöhnlichen Aktion veranlasst: Sie bewerben die Ausflugsstraße über Österreichs höchsten Berg als Ausweichroute an. Motto: „Staufrei über den Großglockner“
Der Slogan sorgt bei der Fachgruppe Mobilitätswende der Scientists for Future für Empörung. Von einer klimaschonenden Alternative, wie von der Grohag beschrieben, könne keine Rede sein, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Aussendung.
„Autoverkehr maximieren“
Die Bauarbeiten auf der Tauernautobahn im Mai und Juni sowie im September und Oktober, während der der KfZ-Verkehr durch den Tunnel nur einspurig sein wird, scheint für die Grohag „scheinbar ein willkommener Anlass, den Autoverkehr in der Hochgebirgsregion, quer durch Nationalpark und Landschaftsschutzgebiet, zu maximieren“, kritisieren die Wissenschaftler.
Sie kontern auch der Aussage von Grohag-Vorstand Johannes Hörl in einem ORF-Bericht, wonach „diese Strecken im Wesentlichen gleich lang sind“ und „keine zusätzlichen Pfade auslösen“. Das habe mit Fakten und Realität wenig zu tun, so die Scientists for Future in ihrer Aussendung, in der sie vorrechnen: Die Strecke von Bischofshofen bis Spittal/Drau beträgt auf der Tauernautobahn 104 Kilometer, über die Glocknerstraße 188 Kilometer und letzteres auf rund 2500 Höhenmeter. Rechnet man mit 1000 Autos pro Tag über drei Monate, ergibt das mehr als zehn Millionen Fahrkilometer. Daraus ergeben sich mehr als 2000 Tonnen CO₂-Ausstoß, Feinstaubbelastungen und entsprechende Unfallzahlen.
„Scham- und verantwortungsbefreit“
Im Gegensatz dazu, so die Wissenschaftler, wird selbst bei einröhrigem Betrieb die Strecke auf der A 10 nicht länger und es fallen auch keine zusätzlichen Höhenmeter ins Gewicht. Durch Tempo 60 im Tunnel und bei gutem Fahrverhalten wird sich die Fahrtzeit etwa um zehn Minuten erhöhen. Der Klimabilanz ist die niedrigere Geschwindigkeit jedenfalls zuträglich. Dass es zeitweise zu Staus kommen wird, ist unter diesen Rahmenbedingungen das kleinere Übel.
„Offensichtlich ist es für eine öffentliche Infrastrukturgesellschaft heute immer noch möglich, aus kommerziellen Motiven klar natur- und klimaschädliche Aktivitäten zu entwickeln und scham- und verantwortungsbefreit flockige Messages zu verbreiten. So liegt denn auch der wahre Skandal an dieser reichlich unlustigen Posse nicht so sehr in der Verdrehung von Tatsachen zugunsten des Geschäftszwecks, sondern darin, dass die Tourismuswirtschaft das Auto nach wie vor als Vehikel der Gewinnmaximierung betrachtet – je höher die Frequenz – desto besser“, ist Johannes Fiedler von der Fachgruppe Mobilitätswende schockiert.