Robert Oberlerchner liebt das Bergsteigen. Hohe Ziele schrecken ihn also nicht ab. Das zeigt auch sein außergewöhnlicher Karriereweg: Er ist gelernter Schlosser und hat seine Lehre mit Auszeichnung abgeschlossen. Danach absolvierte er die Ausbildung zum Diplomkrankenpfleger und arbeitete in verschiedenen Kliniken. Mittlerweile ist er 46 Jahre alt und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Klagenfurt. Dazwischen liegen vier Kinder, eine Matura im zweiten Bildungsweg und ein Jusstudium, das er berufsbegleitend abgeschlossen hat.
„Es war nicht einfach. Aber wir leben in einer Gesellschaft, in der man sich beruflich verändern kann, wenn man will. Man muss es nur tun“, sagt der vierfache Vater aus Döbriach rückblickend.
In der Schule lief es nicht so
Als 15-Jähriger lief es in der Schule mehr schlecht als recht. „Dann begann ich mit einer Schlosserlehre in Krumpendorf. Schweißen und Fräsen in einem modernen Maschinenpark hat mir damals richtig Spaß gemacht. Ich habe viel gelernt“, erinnert er sich. Jahre später hat ihn seine Mutter, eine Ordinationsmitarbeiterin, auf die Idee gebracht, Krankenpfleger zu werden. „Mit 20 tauschte ich deshalb die Blaue gegen die weiße Krankenhauskleidung. Ich wollte etwas Soziales machen.“ Er absolvierte die dreijährige Krankenpflegeschule in Klagenfurt und machte eine Zusatzausbildung. „Als einer der ersten zertifizierten Wundmanager in Österreich hatte ich zwar viele Freiheiten. Aber ich sah die Abläufe in den Krankenhäusern sehr kritisch. Egal wie viel Erfahrung ich hatte, bestimmt haben immer die Ärzte. Ich habe mich in meiner Entwicklung gebremst gefühlt.“
Mit 29 stellte er sich die Frage: „Will ich noch 30 Jahre in dem Beruf bleiben und unglücklich werden oder will ich einen unbequemen, neuen Weg gehen?“ Er entschied sich für Zweiteres und holte in drei Jahren die Matura nach. Neben Vollzeitjob, Nachtdiensten und mit kleinen Kindern daheim machte der die Berufsreifeprüfung. Danach begann er Jus an der Uni in Linz zu studieren – teils online, teils vor Ort. „Nach der ersten Prüfung habe mir gedacht: ‚Das schaffe ich nie.‘“ Doch die Zweifel wurden weniger.
Für Langzeitstudenten gehalten
„Während des Studiums habe ich in Teilzeit gearbeitet, so konnte ich mehr bei den Kindern sein. Gelernt wurde oft am Vormittag, wenn die Mädchen im Kindergarten waren oder in der Nacht, wenn sie schliefen.“ Mit 38 – nach fünfeinhalb Jahren – hat er sein Jusstudium abgeschlossen. Es folgte das Gerichtsjahr. „Die meisten Kollegen waren zehn Jahre jünger als ich. Manche hielten mich für einen Langzeitstudenten.“
Ob er auch Jus im Blut habe, hat ihn einmal ein Richter gefragt. Da ist ihm erst aufgefallen, dass tatsächlich viele Anwälte und Anwältinnen aus Juristenfamilien stammen. Bei ihm ist das nicht so. Trotzdem ist der 46-Jährige ein Vollblutanwalt. „Durch diesen Beruf habe ich meinen Platz gefunden. Anwalt zu werden war die beste berufliche Entscheidung meines Lebens“, sagt er. Nun ist er Partner in der Kanzlei „Ruhdorfer & Oberlerchner“. Seinen vier Töchtern – zwischen 12 und 20 Jahren – sagt er immer: „Ihr müsst euch nicht gleich entscheiden, was ihr werden wollt. Schaut euch verschiedene Berufe an, probiert aus, was euch liegt.“