Geduld und Nerven werden ÖBB-Fahrgäste brauchen, die im April von Kärnten nach Wien fahren wollen. Denn auf der Südstrecke über den Semmering wird es zwischen Mürzzuschlag und Wiener Neustadt eine Totalsperre geben – und das knapp drei Wochen lang vom 6. bis zum 28. April. Eine direkte Zugfahrt zwischen Kärnten und der Bundeshauptstadt ist damit, mit Ausnahme der langen Umleitung über Linz, für mehr als drei Wochen nicht möglich.
Was bedeutet das im Detail?
Kommt man vor dem 6. April noch zwölfmal täglich ohne Umsteigen von Klagenfurt nach Wien, so sieht die Sache in den drei Folgewochen ganz anders aus: Mit nur zwei Zügen werden die Fahrgäste während dieser Zeit ohne umzusteigen in die Bundeshauptstadt fahren können. Erstens mit dem Railjet, der um 13.39 Uhr am Hauptbahnhof Klagenfurt abfährt – dieser wird ab Knittelfeld über Selzthal und Linz umgeleitet und kommt um 19.15 Uhr (im Normalbetrieb wäre dies um 17.36 Uhr der Fall) am Wiener Hauptbahnhof an. Die zweite Möglichkeit wird der Nightjet mit Abfahrtszeit um 4.40 Uhr in Klagenfurt sein, der dieselbe Strecke nimmt und dadurch über sechs Stunden lang unterwegs ist. Paradox: Durch die Totalsperre wird die ÖBB für letztere Variante sogar eine Route anbieten, die zwei Minuten schneller ist, als jene im Normalbetrieb – vorausgesetzt, man will Umstiege in Knittelfeld, Bruck/Mur, Mürzzuschlag und (!) in Wiener Neustadt in Kauf nehmen.
Die anderen zehn Intercitys bzw. Railjets werden bis Mürzzuschlag fahren, wo die Fahrgäste auf Busse als Schienenersatzverkehr umsteigen müssen, mit diesen bis Wiener Neustadt fahren und dann mit dem Zug weiter nach Wien. Immerhin soll der planmäßige Zeitverlust trotz zweimaligen Umsteigens gering bleiben.
Reinvestitionsprogramm als Grund für die Totalsperre
Was steckt dahinter? „Die Sperre ist Teil des Reinvestitionsprogramms für die Semmering-Strecke. Hierfür werden alle paar Jahre solche Maßnahmen gesetzt“, erklärt Christopher Seif, ÖBB-Pressesprecher für das Burgenland und Niederösterreich und dadurch zuständig für das Projekt. Arbeiten gebe es auf der Südstrecke bereits seit 17. Februar. Warum man nicht einfach das eine Gleis saniert, während das andere weiter befahren werden kann? Seif winkt ab: „Es wäre zu gefährlich, würde viel länger dauern und mit den dort notwendigen großen Geräten wäre es grundsätzlich gar nicht machbar.“
Die Sanierung, so Seif, müsse durchgeführt werden, um einen sicheren Schienenverkehr zu gewährleisten. Dabei stellt die Semmering-Strecke eine Besonderheit dar: „Hier kommt es sicher öfter zu Sperren und dann auch in größerem Ausmaß. Das liegt daran, dass die Infrastruktur dort stärker beansprucht wird, denn der Semmering ist topografisch sehr exponiert und täglich fahren 180 Züge über ihn.“
„Verschiebung wäre nicht möglich gewesen“
In den vergangenen Wochen und Monaten hat es für Fahrgäste immer wieder großen Ärger mit Ausfällen und Verspätungen sowie nicht selten mit überfüllten Zügen gegeben. Wäre es ob der strapazierten Nerven der Kunden vielleicht besser gewesen, die Sanierung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen? „Das ist leider nicht möglich“, erklärt Seif. „Ein Bauprojekt dieser Größenordnung kann man nicht verschieben. Verschiedene Projekte sind aufeinander abgestimmt, wir müssen Personal und Geräte disponieren und die Sperren auch weit im Vorfeld melden.“
Weitere Totalsperren folgen
In den Jahren 2026 und 2027 soll es planmäßig übrigens weitere Komplettsperren der Semmering-Strecke geben – wie lange, kann zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Mit 2029 dürfte man dann, so die ÖBB, mit dem gesamten Reinvestitionsprogramm für den Semmering fertig sein. „Dann hat man die Infrastruktur für einen längeren Zeitraum verfügbar“, erklärt Christopher Seif. Die Frage, ob dies dann überhaupt noch benötigt wird, zumal 2030 bereits der Semmering-Basistunnel in Betrieb gehen soll, stellt sich laut ÖBB nicht. Die alte Semmering-Strecke wird für die wöchentlichen Wartungsarbeiten im Tunnelbereich benötigt und sie soll auch für den Nah- und Ausflugsverkehr weiter genutzt werden.