Anna Rogl ist vieles. Sie ist Krankenpflegerin und Motocrossfahrerin, Lebensgefährtin, Tochter und Freundin. Für ein schwer krankes Kind ist sie aber noch viel mehr: Sie ist seine allergrößte Hoffnung. Denn für den kleinen Buben wurden dringend Stammzellen gesucht. Das ist das letzte Mittel im Kampf gegen Leukämie, seltene Blutkrankheiten oder Gendefekte. Wenn Chemotherapien und Bestrahlungen nicht helfen, wird eine Spenderin oder ein Spender gesucht; und hin und wieder gefunden - wie in diesem Fall.
Die 25-jährige Osttirolerin Anna Rogl hatte sich vor vielen Jahren beim Verein „Geben für Leben“ als Stammzellenspenderin registrieren lassen. Über eine weltweite Datenbank wurde sie als genetischer Zwilling für den kleinen Buben ausfindig gemacht, der lebensbedrohlich erkrankt ist. Normalerweise werden Stammzellen recht unkompliziert aus dem Blut der Spender entnommen. Doch bei Anna Rogl aus Matrei in Osttirol war das anders. Weil die Spende für ein kleines Kind gebraucht wurde, kam es bei ihr zu einer Entnahme der Stammzellen aus dem Beckenknochen. Die junge Osttirolerin musste dafür extra in eine Spezialklinik bei München fahren, unter Vollnarkose wurde ihr das Knochenmark entnommen. „Daraus gewinnt man dann die Stammzellen. Mit einem Spezialkurier wurde die Knochenmarkspende sofort zum Arzt des kranken Kindes gebracht“, sagt Cemanur Turan, Koordinatorin bei „Geben für Leben“. Über den kranken Buben darf sie aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht viel sagen. Nur so viel: Er ist etwa vier Jahre alt - und hat schon viel hinter sich.
Vollnarkose
Anna Rogl sagt: „Ich habe diesem Kind von ganzem Herzen gerne geholfen.“ Sie habe keine Sekunde gezögert, als sie von „Geben für Leben“ darüber informiert wurde, dass ein fremdes Kind ihre Hilfe braucht. „Vor der Entnahme der Stammzellen aus dem Beckenknochen hatte ich natürlich Respekt, aber ich fühlte mich in der Klinik in guten Händen, weil alle so professionell und nett waren.“ Nach dem Eingriff verbrachte sie eine Nacht im Krankenhaus, dann durfte sie wieder nach Hause nach Matrei. „Ich musste mich noch etwas schonen und hatte zehn Tage leichte Schmerzen, wie bei einem Muskelkater. Zwei kleine Einstichlöcher habe ich auch, alles nicht der Rede wert“, sagt Rogl. „Für mich war das nicht die Welt. Aber für das Kind und für seine Familie bedeutet meine Hilfe vielleicht die Welt.“
Von „Geben für Leben“ hat die junge Frau erfahren, dass der Bub die Stammzellen bereits bekommen hat. Die 25-Jährige dem Kleinen nun sogar einen Brief geschrieben. „Ich habe ihm mitgeteilt, dass es für mich ein Wunder ist, dass ein kleines Kind wie er so einen schweren Weg schaffen kann. Ich hoffe, dass sein schwerer Weg jetzt endet und nur noch das Gute auf ihn wartet.“
Bitte
Rogl selbst weiß das Leben sehr zu genießen. Sie ist gerne in den Bergen, hat seit vielen Jahren einen Freund, arbeitet seit vier Jahren im Krankenhaus Lienz und gibt als Motocross-Fahrerin Gas. Einen Appell will sie unbedingt noch loswerden: „Registriert euch als Stammzellenspender. Vielleicht werdet ihr von jemandem dringend gebraucht. Es wird euch verändern, eure Ansichten und vieles mehr. Ich bin dankbar für diese Erfahrung und wenn alles zusammen passt und auch der Himmel mithilft, darf ein anderer Mensch durch meine Hilfe weiterleben.“