Das war keine Zugfahrt, sondern eine Zumutung. Darin sind sich viele Fahrgäste einig. Anfang Dezember lösten Stromausfälle und Schneefall ein heftiges Chaos bei den ÖBB aus. Ein Zug, der am späten Nachmittag von Wien nach Kärnten unterwegs war, wurde nach stundenlangen Wartezeiten in der Nacht nach Graz umgeleitet. Die Folge: Hunderte Passagiere sind zwischen zwei und drei Uhr früh mit dem Zug in der steirischen Landeshauptstadt „gestrandet“ und wussten nicht, wohin.

„Am Bahnhof angekommen, durften wir nicht einmal im Zug bleiben“, beschwerten sich viele Fahrgäste. Die Leute wurden quasi mitten in der Nacht aus dem Zug geworfen. Viele bekamen so spät keine Hotelzimmer mehr. Die ÖBB-Kunden nächtigten teilweise in Lobbys von Hotels oder bei Bekannten und Verwandten. Der Aufschrei danach war enorm, die Kritik am Informations- und Krisenmanagement groß. Die ÖBB entschuldigten sich eifrig und kündigten Entschädigungen an. Genau deshalb gibt es jetzt erneut Ärger. Einer Zugpassagierin aus Kärnten wurden jetzt für alle Widrigkeiten und den nächtlichen Rauswurf weniger als zwölf Euro Entschädigung zugesichert.

Fahrgastrechte

„Ich war eine der 400 betroffenen ÖBB-Fahrgäste, die in der Nacht von 2. auf 3. Dezember sinnlos in Graz gestrandet sind“, sagt die Frau. Sie war am Chaos-Tag in Leoben zugestiegen und wollte nach St. Veit. „Am nächsten Tag bin ich mit 24-stündiger Verspätung heimgekommen. Gleich danach habe ich via Online-Kontaktformular eine Entschädigung beantragt.“

Nun, nach fast acht Wochen, erhielt sie eine Rückmeldung und eine finanzielle „Entschädigung“. Doch die fiel wesentlich geringer aus, als erhofft. „Ich bekomme nur 11,90 Euro rückerstattet“, ist die Frau verwundert und verärgert. „Mir wird nur der halbe Ticketpreis entschädigt, das sind 7 Euro und für das Zusatzticket bekomme ich die gesamten Kosten von 4,90 Euro zurück, das ich kaufen musste. Aber: „Ich erhalte nichts für die private Übernachtung, nichts für die von meinem Sohn gefahrenen Kilometer, nichts für den Verpflegungsmehraufwand. . .“, zählt die Frau auf. Sie war um 3 Uhr nachts von ihrem Sohn am Bahnhof abgeholt worden und übernachtete bei ihm mehr als 30 Kilometer von Graz entfernt.

„Ich musste mich privat abholen und am nächsten Tag wieder zu einem Bahnhof in der Nähe führen lassen - in Summe waren das 74 Kilometer“, schildert die Vorteilscard-Besitzerin. „Ich ersuchte daher bei den ÖBB um Erstattung von 64,98 Euro.“ Darin enthalten die Ticketpreise, das Kilometergeld und eine kleine Aufwandsentschädigung für die Übernachtung. Zurückbekommen hat sie von den geforderten rund 65 Euro, nicht einmal 12 Euro. Die ÖBB schrieb der Kundin: „Die von Ihnen verlangten Kilometergeld-Kosten sind keine fahrgastrechtliche Hilfeleistung und werden daher abgelehnt. Für die Übernachtung gibt es keine Rechnung. Dadurch werden hier auch keine Kosten entschädigt.“ 

Auch eine Schulklasse wartete stundenlang im Zug und strandete dann in Graz
Auch eine Schulklasse wartete stundenlang im Zug und strandete dann in Graz © KK

Für die ÖBB scheint der Fall damit abgeschlossen zu sein. Für die Kundin nicht: „Ich persönlich bin mit dem Unternehmen aufgrund dieser Reklamationsbearbeitung keineswegs versöhnt.“ Da fährt die Eisenbahn drüber.

Von den ÖBB gab es zu dem Fall bisher keine Stellungnahme. Georg Loderbauer, Sprecher der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte sagt: „Laut Fahrgastrechten können Übernachtungen nur abgegolten werden, wenn es eine Hotelrechnung gibt.“ Für private Nächtigungen und Verpflegungen gibt es keinen Kostenersatz. „Hotelrechnungen werden bis zu 80 Euro gezahlt.“

Versuch wert

Für die privat gefahrenen Kilometer könnte jedoch eine Entschädigung drin sein, betont Experte Loderbauer. „Eine Beförderung zwischen Bahnhof und Unterkunft muss laut Fahrgastrechten ersetzt werden. Die Betroffene könnte sich daher an uns wenden und wir als Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte leiten dann ein Schlichtungsverfahren gegen die ÖBB ein, mit der Aufforderung, das Kilometergeld zu ersetzen“. Fahrgästen kostet so eine Schlichtung nichts. Wie aussichtsreich ein derartiges Verfahren ist, lässt allerdings nicht sagen. Knackpunkt könnte sein, dass es für die privat gefahrenen Kilometer keine Rechnung gibt. „Mit einem Taxi und einer Taxirechnung wäre das einfacher.“

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