Der evangelischen Kirche in Kärnten/Osttirol mit 33 Pfarren und rund 44.000 Mitgliedern stehen harte Zeiten und viel Diskussionsbedarf bevor. Möglicherweise auch eine Austrittslawine. Denn das, was im Dezember von der Synode in Eisenstadt als höchstes und gesetzgebendes Gremium mit 70 geistlichen und weltlichen Delegierten mehrheitlich beschlossen wurde, hat gravierende Auswirkungen auf die Kirchenmitglieder. Der Kirchenbeitrag für 2024 wird deutlich erhöht, und zwar inflationsangepasst um 9,5 Prozent. Es könnte noch deutlich mehr werden. In der evangelischen Kirche müssen die allgegenwärtigen Teuerungen abgefedert werden, so wurde es begründet.
Gegenantrag ohne Mehrheit
Neu ist: Das, was in der Vergangenheit als Empfehlung für die Beitragsanhebungen an die Diözesen weitergegeben wurde und nicht bindend war, ist jetzt für jede Gemeinde ein Muss, wie Superintendent Manfred Sauer erklärt. Er war (gleich wie die Oberösterreicher) dagegen. Sein Gegenantrag, wonach die Verantwortung für das Ausmaß der Beitragserhöhungen weiterhin in den Gemeinden bleiben soll, fand keine Mehrheit. „Die Presbyter kennen die Verhältnisse vor Ort, sie kennen die Leute“, begründete Sauer seinen Vorstoß.
Austrittslawine befürchtet
Was er jetzt befürchtet, ist ein Anstieg an Kirchenaustritten, möglicherweise eine Lawine – und damit weniger Einnahmen, um Pfarrerinnen, Pfarrer, hauptamtlich Beschäftigte und Projekte zu bezahlen. 700 bis 800 Mitglieder weniger pro Jahr (durch Todesfälle, Austritte, Abwanderung) waren es bis jetzt schon in seiner Diözese. „Jetzt könnten es noch mehr werden.“ Denn für 31 der 33 Kärntner Pfarren soll es nicht nur bei den Kirchenbeitragserhöhungen von knapp zehn Prozent bleiben. Ein zweiter Teil müsste dazukommen. Laut Sauer wurde von Wien aus geprüft, in welchem Ausmaß jede Gemeinde in den vergangenen Jahren die Kirchenbeiträge erhöht hat. Jene Pfarren, die unter bestimmten Niveaus blieben, bekommen nun von Wien aus Berechnungen, was sie zusätzlich zu den plus 9,5 Prozent dazuschlagen müssen. Gesamt könnten es in manchen Gemeinden bis zu 15 Prozent werden, so Sauer. Für Althofen wären es nur plus 0,5 Prozent, für Arriach jedoch plus 5,37 Prozent.
Wobei es auch die Möglichkeit gibt, dass die Pfarren die zweite Tranche aus ihrer Kasse zahlen und nicht den einzelnen Mitgliedern vorschreiben. Allerdings: „Die Pfarrbudgets für 2024 sind fertig. Wenn nun ein paar Tausend Euro zu zahlen sind, etwa 2200 Euro in Arriach oder 6260 Euro in Feld am See, dann fehlt das Geld für andere Projekte“, gibt Sauer zu bedenken. „Wir müssen aufpassen, dass wir in keine Negativspirale kommen.“
Wie geht man weiter vor? Sauer lädt für 3. Feber alle Pfarrerinnen und Pfarrer, die Kuratoren und Schatzmeister zu einem Gespräch. Dabei soll geklärt werden, wie man mit dem zweiten Teil der Beitragserhöhung umgeht, ob es ein gemeinsames Vorgehen gibt. „Worst Case wäre, dass die Gemeinden wie bisher weitermachen wollen und es aus Kärnten einen Akt des Widerstandes gibt. Das hätte aber nur bei Geschlossenheit Sinn. Welche rechtlichen Konsequenzen Widerstand hätte, kann ich nicht abschätzen“, so Sauer. In Oberösterreich habe es eine solche Sitzung bereits gegeben. Ohne Geschlossenheit. Weil einige Pfarren auf die Notwendigkeit höherer Einnahmen und damit höherer Kirchenbeiträge verweisen. Ähnlich werde es wohl auch in Kärnten sein, vermutet Sauer.