Es war Liebe auf den ersten Blick. „Und die Liebe wächst jeden Tag weiter“, sagt eine Kärntnerin, während sie ihre Tochter im Arm hält. Die Kleine ist nicht ihr leibliches Kind. Vor acht Wochen haben sie und ihr Mann das wenige Monate alte Pflegekind in ihrer Familie aufgenommen. Zum Schutz des Säuglings möchten sie lieber anonym bleiben. Aber die beiden wollen ihre Geschichte erzählen, denn „es gibt so viele Kinder, die schon viel hinter sich haben und ein stabiles und geborgenes Umfeld brauchen“.
Das Land ist dringend auf der Suche nach Pflegeeltern. Derzeit gibt es in Kärnten 225 Pflegefamilien, die Kindern in Not ein Zuhause geben. 274 Pflegekinder werden aktuell begleitet und erhalten die Zuwendung und Stabilität, die sie so dringend benötigen. „In Kärnten suchen wir laufend weitere Pflegefamilien, die einem oder mehreren Kindern einen Platz in ihrer Familie geben. Denn für Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihrer leiblichen Familie leben können, besonders für Säuglinge und Kleinkinder bedeutet die Aufnahme in eine Pflegefamilie eine große Chance, in familiärer Geborgenheit aufwachsen zu können“, sagt Landesrätin Sara Schaar (SPÖ), Referentin für Kinder- und Jugendhilfe.
Gemeinsam als Familie
Die beiden Kärntner, die bereits zwei leibliche Söhne haben, wollten ein drittes Kind. „Auf natürlichem Weg hat es nicht geklappt. Dann haben wir gehört, wie groß der Bedarf an Pflegeeltern in Kärnten ist“, erzählt der Mann. Für die Familie stand relativ schnell fest: Wir wollen einem Baby ein liebevolles Zuhause geben! „Wir haben das natürlich auch mit unseren Söhnen besprochen. Hinter einer solchen Entscheidung kann man nur gemeinsam als Familie stehen.“
Den Erstkontakt mit dem Jugendamt gab es diesen Mai. Konkret wurde es dann im Herbst. Gemeinsam besuchte das Ehepaar ein Seminar, bei dem Pflegeeltern auf die bevorstehende Aufgabe vorbereitet werden. „Am Samstag hatten wir den Schulungstermin, am Montag darauf bekamen wir bereits einen Anruf.“ Für ein wenige Wochen altes Mädchen wurde ein Dauerpflegeplatz gesucht. Die beiden zögerten nicht: „Wir haben nur gesagt: Ja, passt, wann können wir sie kennenlernen?“ Ende Oktober war es dann so weit. Die beiden konnten ihre Tochter das erste Mal bei einer Krisenpflegemutter besuchen. „Auch unsere Buben haben die Kleine sofort ins Herz geschlossen und sie von Anfang an Schwester genannt.“
Viel Unterstützung
Kinderwagen, Bettchen, Gewand, Fläschchen – binnen zwei Wochen musste dann alles für das Baby besorgt werden. „Wir hatten so viel Unterstützung von unserem Umfeld und auch die Reaktionen waren durchwegs positiv. Uns war es von Anfang an wichtig, ganz offen mit dem Thema umzugehen.“ Das bedeutet auch, dass ihre Tochter später einmal wissen soll, wo ihre Wurzeln sind. Aktuell finden auch regelmäßig Treffen zwischen der Kleinen und ihrer leiblichen Mutter statt. „Es gibt ein Kontaktrecht. Die Treffen finden auf neutralem Boden statt, wir sind jedes Mal dabei.“
Abseits der vorgeschriebenen Fortbildungen werden Pflegefamilien durch Sozialarbeiter der Kärntner Jugendämter sowie durch den Pflegeelterndienst, angesiedelt im SOS-Kinderdorf Moosburg, der auch eine engmaschige psychologische Begleitung garantiert, unterstützt. In der Regierungssitzung vom 19. Dezember wurde zudem beschlossen, dass das monatliche Pflegekindergeld mit 1. Jänner 2024 erhöht wird. Schaar: „Das Engagement von Pflegefamilien kann für unsere Gesellschaft als Ganzes nicht hoch genug wertgeschätzt werden.“