Die Arbeiterkammer Kärnten (AK) erhob mit wissenschaftlicher Begleitung des Joanneum Research die Mobilitätsbedürfnisse der Kärntnerinnen und Kärntner. Das Ergebnis: Die Kärntner Pendlerinnen und Pendler nutzen vorrangig den Privat-Pkw. Allerdings nicht, weil sie, wie in der Vergangenheit oft kritisiert wurde, „Öffi-Muffel“ sind, sondern weil ihnen schlicht die Alternativen fehlen oder diese nicht bekannt sind. „Die Verwendung des eigenen Autos ist oftmals mehr Notwendigkeit als eigener Wunsch, denn nur vier Prozent der Befragten gaben an, nicht auf das Auto verzichten zu wollen“, sagt AK-Präsident Günther Goach.
Für die Studie wurden heuer im zweiten und dritten Quartal 2300 Kärntnerinnen und Kärntner befragt. Die Auswertung der Online-Fragebögen ergab weiters: Je weiter die Wege, desto eher würden die Pendler aufs Auto zurückgreifen. „Die Belastung steigt mit zunehmender Dauer und sinkendem Einkommen“, sagt AK-Präsident Günther Goach.
Mütter besonders betroffen
Auch in Haushalten mit schulpflichtigen Kindern und Betreuungspflichten sei man eher auf Autos angewiesen: „Und hier vor allem Frauen, welche vermehrt die Betreuungspflichten übernehmen.“ Denn laut Eric Kirschner, Studienautor von Joanneum Research, verharren Frauen in Teilzeit aufgrund der Kinderbetreuungspflichten und der Wege, die für und mit den Kindern zurückgelegt werden müssen. Das Auto ist das vorrangig benutzte Verkehrsmittel. Das liegt vor allem daran, dass unterschiedliche Wege einfacher kombiniert werden können – sei es das Einkaufen, die Fahrt zur Arbeit, in die Schule oder zum Sport. Das Auto wird oft als alternativlos und unverzichtbar gesehen.
Das bringt aber auch finanzielle Nachteile mit sich: Denn die Spritkosten für das Pendeln mit dem Pkw betragen laut AK für eine Distanz von 40 Kilometern pro Jahr rund 2500 Euro, das Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen durch das Klimaticket 399 Euro. Die AK fordert daher, die Erreichbarkeit von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu verbessern, um Frauen gezielt zu unterstützen.
Mikro-ÖV verbessern
Weiters zeigt die Studie auf, dass die Kärntner großteils täglich bis zu 45 Minuten pro Richtung pendeln. In Unterkärnten ist der Anteil jener, die 30 bis 45 Minuten in eine Richtung pendeln, am höchsten. „Während es in den Zentren gut möglich ist, auf das eigene Auto zu verzichten, ist ein Bus- und Bedarfsverkehr für Regionen abseits des Schienenangebots vonnöten. Es muss über Gemeindegrenzen hinaus gedacht werden, es braucht regionsspezifische Lösungen wie den Mikro-ÖV, um bessere Erreichbarkeitsverhältnisse schaffen zu können“, sagt Kirschner.
„Auch die sogenannte ‚letzte Meile‘ stellt oft eine Herausforderung dar, was am fehlenden Angebot, der fehlenden Taktung oder der Entfernung von Haltestellen zum Wohn- oder Zielort liegen kann. Der Ausbau des Park-and-ride-Angebotes an frequentierten Bushaltestellen und Bahnhöfen ist somit von wesentlicher Bedeutung“, erklärt Kirschner. Die AK fordert vor allem, in Zukunft den Takt der Zubringer zur Koralmbahn aus allen Regionen zu verbessern. Goach: „Klagenfurt und Graz werden in Tagespendeldistanz liegen. Vor allem in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg kommt es zu einer deutlich besseren Erreichbarkeit. Aber es darf nicht auf die restlichen Bezirke vergessen werden.“
Weiters müsse die Pkw-Abhängigkeit durch ein leistbares öffentliches Verkehrssystem und durch sichere Rad- und Fußwege reduziert werden, fordert Goach: „Die Kostenreduktion des Kärnten-Tickets war mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird aber in Zukunft eine Vielzahl an gebündelten Maßnahmen brauchen. Gleichzeitig muss jungen Menschen der öffentliche Verkehr kostenlos ermöglicht werden.“
„Investieren so viel wie noch nie“
Eindeutig fällt die Reaktion des zuständigen Landesrates Sebastian Schuschnig (ÖVP) aus: „Wir investieren so viel wie noch nie in den öffentlichen Verkehr. Das kommt auch bei den Fahrgästen an, denn alleine in den vergangenen fünf Jahren wurde das Verkehrsangebot um bis zu ein Viertel ausgeweitet, landesweit in die Infrastruktur investiert und erstmals ein Netzticket um 399 Euro eingeführt. Dieses Ausbautempo wird nun weiter erhöht“, heißt es in einer Stellungnahme. Bis 2028 fließen rund 100 Millionen mehr in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, um die Regionen besser zu erschließen. Durch die erste Mikro-ÖV-Strategie werden die Mittel sogar verdreifacht. Das Angebot wird sich nochmals spürbar verbessern.
„Es ist positiv, dass jetzt auch die Arbeiterkammer diesen Reformweg unterstützt und das hoffentlich nicht nur bis zur eigenen Wahl.“ Denn besonders in den Betrieben wäre es wichtig, das Bus- und Bahnangebot auch über die Arbeitnehmervertreter verstärkt bekannt zu macht. Denn in vielen Bereichen gibt es schon sehr gute Alternativen, gerade für Erwerbspendlerinnen und Pendler. Die jährlichen Umsteigertage sind eine gute Gelegenheit, es selbst kostenlos zu testen“
Detaillierte Studienergebnisse: kaernten.arbeiterkammer.at/mobilitaetsstudie