Die medizinische Versorgung der Kärntner Haus- und Nutztiere steht auf wackeligen Beinen, weil es nachts und an den Wochenenden an geregelten Bereitschaftsdiensten fehlt. „5257 Tierhalten haben sich in den letzten Wochen an unserer Unterschriftenaktion unter dem Motto ‚Tierärzte-Notdienst in Kärnten sichern‘ beteiligt. Dahinter verbergen sich viele Leidensgeschichten“, sagt Tara Geltner, Präsidentin des Landestierschutzverbandes. Von sechsstündigen Wartezeiten vor Arztpraxen, Fahrten nach Graz oder Slowenien und Tieren, die leiden und auch versterben würden, weil kein Tierarzt erreichbar sei, ist da die Rede. Geltner: „Wir merken es selbst bei unserer Tierrettung. Im Schnitt erreichen wir zweimal pro Woche keinen Veterinärmediziner.“
Dabei geht es nicht um Schuldzuweisungen. Die Tierärztekammer hat beispielsweise zu Wochenenden oder an Feiertagen einen freiwilligen Bereitschaftsdienst aufgezogen. „Aber dieser ist immer schwieriger zu besetzen. Es muss endlich zu einer Abgeltung der Dienstbereitschaft durch die öffentliche Hand kommen“, sagt Tierärztekammerpräsident Franz Schantl. Die gab es im Rahmen eines Pilotprojekts in Kooperation mit dem Land von November 2022 bis März 2023. Es wurde nicht verlängert. „Ein Wahlzuckerl, nicht mehr“, so Schantl.
Er berichtet, dass viele Kollegen sowieso freiwillige Notdienste für ihre Kunden verrichten würden, Tierärzte aber strengen arbeitsrechtlichen Regelungen unterliegen würden, mit Widrigkeiten wie nicht gerechtfertigten Negativbewertungen auf Facebook konfrontiert seien und die Alterspyramide die Zunft vor große Probleme stelle. „Dazu kommt, dass 86 Prozent der 260 Kärntner Tierärzte Frauen sind, die Familie und Kinder haben“, erklärt Tierärztin Evelin Pekarek. Das Arbeitsrecht sieht beispielsweise vor, dass Veterinärmedizinerinnen ab dem ersten Tag der Schwangerschaft nicht mehr am Tier arbeiten dürfen.
Auskunftshotline vonnöten
Die Hilferufe von Tierhalten und Tierärzten richten sich ans Land. Man benötige eine Auskunftshotline, um nach Notwendigkeiten triagieren und den Arzt entlasten zu können; eine Bereitschaft zumindest in den Bezirksstädten, wie sie jetzt in Klagenfurt (Stadt und Land schießen jeweils 35.000 Euro zu) aufgezogen wird; und die Umsetzung eines Hundeführerscheins, damit Tierhalter medizinische Grundkenntnisse vermittelt bekommen. Die Zahl der Hunde in Kärnten stieg binnen zehn Jahren von 20.000 auf 40.000.
„Die Gesetzgebung sieht keine Verantwortlichkeit der Bundesländer, einen Bereitschafts- oder Notdienst von Tierärzten zu organisieren, geschweige denn zu finanzieren. Es handelt sich um privatwirtschaftliche Dienstleistungen“, sagt Tierschutzreferentin Beate Prettner (SPÖ). Sie habe aber bereits mehrfach signalisiert, dass sie sinnvolle Projekte, die von einer Stadt oder einer Region initiiert werden, zu 50 Prozent mitfinanzieren würde. Und das Pilotprojekt habe sich als nicht zielführend erwiesen. Prettner: „Tatsache ist, dass die Tierärzte selbst uneinig sind. Viele meinen, dass ihr beruflicher Ehrenkodex sie ohnehin dazu verpflichtet, in Notfällen für ihre Kunden erreichbar zu sein; sie wollen keine übergeordnete Organisation und lehnen einen angeordneten Bereitschaftsdienst ab. Zudem hat das Projekt gezeigt, dass es weder zu einer besseren noch zu einer schlechteren Versorgung gekommen ist – also keine Veränderung.“
„Nicht zuständig“
Aus dem Agrarreferat von Martin Gruber (ÖVP) heißt es, man sei für die Finanzierung eines Wochenend- oder Notdienstes bei Tierärzten nicht zuständig. „Unser Fokus bei den Maßnahmen liegt darauf, was man gegen den mittelfristig drohenden Mangel an Tierärzten im Nutztierbereich tun kann. Gruber hat gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer dafür gesorgt, dass 2022 und 2023 Vorbereitungskurse für den Aufnahmetest zur Vet-Uni in Kärnten stattfinden konnten, die sehr gut angenommen wurden. Derzeit laufen Planungen für eine Fortführung dieser Kurse 2024“, wird verlautbart.