Ein 23-jähriger Moldawier entzog sich in der Nacht auf Sonntag mit einem Pkw – einer Mercedes-E-Klasse älteren Baujahres – der Grenzkontrolle am Seebergsattel. In der für fünf Personen zugelassenen Stufenhecklimousine befanden sich neben dem Lenker noch sieben Syrer, die illegal von Slowenien über die Grenze wollten. Der Mann gab Vollgas, lieferte sich eine kilometerlange, rücksichtslose und äußerst gefährliche Verfolgungsjagd mit der Polizei. „Er schnitt Kurven, fuhr Schlangenlinien und versuchte die Streifenwagen von der Straße zu drängen. Zwei Streifenwagen wurden beschädigt“, berichtete die Polizei.
Erst in einem Kreisverkehr in Ferlach verlor der Fahrer die Kontrolle über das Auto und flüchtet zu Fuß weiter. Wenige Minuten später wurde der 23-Jährige festgenommen. „Die Schlepper haben den Auftrag, bei Kontrollen aufs Gas zu drücken und sich ja nicht erwischen zu lassen. Das ist brandgefährlich für unsere Polizisten und die Migranten“, erklärt Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt.
„Stimmung ist sehr aufgeheizt“
Derzeit bestehe höchste Gefahr, vor allem für steirische und Kärntner Kollegen: „Die Routen haben sich geändert. In Serbien konkurrieren mehrere Schlepperbanden. Die Stimmung ist sehr aufgeheizt und es gab erst kürzlich zwei tote Afghanen bei einer Schießerei. Daraufhin hat Serbien reagiert und die Grenzen zu Ungarn und Bulgarien mit militärischen Sondereinheiten komplett dichtgemacht. Nun versuchen es die Schlepperbanden über Bosnien, Kroatien und Slowenien bis über die Grenzen in Kärnten und der Steiermark.“
Tatzgern befindet sich gerade dienstlich in Rom, davor traf er sich mit Kollegen aus der Türkei: „Sie registrieren einen massiven Anstieg der Flüchtlingsbewegungen, vor allem aus Afghanistan und Syrien. Wir merken das auch an den typischen Hotspots in Zagreb, wo sich Schleppungswillige immer wieder sammeln, diese Plätze sind aktuell voll.“
Kriminelle Vereinigungen
Die Schlepper kommen laut dem Experten zumeist aus Moldawien, Rumänien, der Ukraine, dem Westbalkan, einige wenige aus der Türkei und gehören kriminellen Vereinigungen an: „,Private Konkurrenz‘ würden die Gangs sofort ausschalten“, so Tatzgern. Etwa 700 Euro kostet eine Schleppung von Zagreb bis nach Österreich oder Deutschland. Werden die Fahrer erwischt, drohen ihnen hohe Strafen: „Bei einem ähnlichen Fall einer Schleppung mit Gefährdung im Burgenland gab es kürzlich drei Jahre unbedingte Haft für den Lenker. Die Mindeststrafe sind zwei Jahre, ab drei geschleppten Personen bis zu fünf Jahre Haft. Kann die Mitgliedschaft zu einer kriminellen Vereinigung nachgewiesen werden, dann drohen bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug“, erklärt Tatzgern.
Transportiert werden in der Regel 6 bis 15 Personen: „Im Pkw, sie werden zusammengepfercht, die Sitze werden umgelegt oder ausgebaut, die Scheiben verdunkelt. Die typischen Kleinlaster und Transporter haben ausgedient, sind längst zu auffällig und werden zu oft kontrolliert.“ In größerem Stil werden laut dem Schleppereibekämpfer auch Lastwagen und Busse eingesetzt: „Dann werden 30 bis 60 Personen auf einmal befördert.“