Auf dem Sims der Eckbank stehen gerahmte, mit bunten Herzen geschmückte Fotos, die ein entzückendes blondlockiges Kleinkind zeigen, das gerade die ersten Schritte probiert und auf die strahlende Mama zuläuft, fröhlich in der Badewanne plantscht oder mit Schoko um den Mund in die Kamera lacht. Daneben liegen kleine Engelfiguren, als hielten sie Wache. Eine Kerze brennt.
„Mein Bruder ist jetzt im Himmel“, sagt die große Schwester, die auf einem Zeichenblock Weihnachtssterne und Schneemänner mit bunten Farben malt und verständnisvoll zur Mutter schaut, die ihre Tränen nicht unterdrücken kann. „Mama ist traurig“. Daran hat sich das Mädchen schon gewöhnt. Ihre Mutter nicht. Verena* kann den plötzlichen Tod ihres kleinen Sohnes nicht überwinden.
„Es war, wie wenn ein Blitz eingeschlagen hätte“, erinnert sie sich. Niemand hatte damit gerechnet, dass eine Hirnhautentzündung so ein fatales Ende nehmen würde. Für Verena war eine Welt zusammengebrochen. „Der Schmerz ist immer da, er wird weiterleben“, sagt die Mutter, die der Liebe wegen vor Jahren ihren Wohnsitz gewechselt hatte, aber nun nach einer schmerzhaften Trennung allein und alleinerziehend ist.
Zum Gefühl der Verlassenheit kommt die Sorge um die Tochter, die nachmittags seit Jahren im Hort betreut wird, weil die Mutter ihrer Arbeit nachgehen musste. Dann hatte Verena eine andere Beschäftigung in der Gastronomie gefunden, wo sie abends tätig war. Doch das wurde zum Problem, als die Beziehung scheiterte. „Ich kann mein Kind abends nicht allein lassen“, äußert Verena ihre Bedenken. Die Suche nach einem neuen, passenden Job ist schwierig, Verena hat keine qualifizierte Ausbildung. Sie hat eine Lehre abgeschlossen, aber in diesem Bereich nichts gefunden. Das, was ihr angeboten wurde, waren meist Teilzeitjobs oder Zeitarbeit. Doch Verena braucht einen Job mit gutem Verdienst, sie muss den Kredit, den sie für Wohnungseinrichtung und Auto aufgenommen hat, abzahlen.
Eigentlich würde sie gerne Pflegeassistentin werden, doch wer würde sich um ihre Tochter kümmern? Und wer würde ihren Lebensunterhalt und die Ausbildung bezahlen? Ohne finanzielle und menschliche Unterstützung kann sich Verena keine Zukunft vorstellen. Sie bräuchte dringend professionelle und konstante Trauertherapie, um den Schicksalsschlag endlich überwinden und neue Kraft schöpfen zu können.
Nach dem Tod des kleinen Sohnes erhielt sie kein Karenzgeld mehr, war allein und wusste nicht, wohin. Die winzige Wohnung in einem alten Haus war eine Notlösung gewesen, zu dritt hatten sie in einem Zimmer gewohnt und geschlafen, schon lange hätte sie ausziehen wollen. Doch es hatten ihr die finanziellen Mittel gefehlt. Jetzt, da die Tochter größer wird und wegen der Schule unbedingt ein eigenes Zimmer braucht, wird der Platz noch knapper. Doch das wäre zu ertragen, wenn da nicht der Schimmel wäre, der sich die Wände hinauf frisst und in hässlichen Flecken Zeugnis schlechter Isolierung gibt. „Im Schlafzimmer ist schon die ganze Wand schimmlig“, klagt Verena, die seit Monaten verzweifelt eine neue, leistbare Bleibe sucht. Sie hätte schon etwas gefunden, aber da fehlte das Geld für Kaution und Ablöse. In ihre derzeitige Wohnung hat sie einiges investiert, aber niemand will ihr das ablösen.
Ihr Wunsch ist eine kleine, aber gemütliche Wohnung ohne Schimmel, in der sie und ihre Tochter „ein eigenes Reich“ mit Bett und Schreibtisch haben. Und das Geld, sich das leisten zu können. „Ich brauche so schnell wie möglich einen Job, der mir aber etwas Zeit lässt für die Betreuung meiner Tochter“, ist ihr Wunsch an das Christkind. „Ich kämpfe jeden Tag“, sagt sie und schneidet mit ihrer Tochter einen Weihnachtsstern aus. „Ich hoffe, es kommt für uns eine bessere Zeit“.
Weihnachtsspendenaktion „Kärntner in Not“
Elke Ferschey