Der Starkregen hält Kärnten weiterhin im Griff. Bisher gab es bereits zahlreiche Einsätze durch Sturmschäden, Hangrutschungen sowie etwa wegen Felsstürzen in Radenthein und Reifnitz. In Abstimmung mit Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Katastrophenschutzreferent Landesrat Daniel Fellner (SPÖ) tagte am Donnerstag erneut der Krisenstab des Landes und setzte weitere Präventionsmaßnahmen. Denn basierend auf den Prognosen der GeoSphere Austria wird ab Donnertagnachmittag im Westen starker Niederschlag und im Ostern eine Kombination aus Regen und Sturm erwartet.

Seit Donnerstagvormittag wird beispielsweise der mobile Hochwasserschutz bei Poppichl in der Gemeinde Maria Saal aufgebaut. „Wir sind zum Schutz der Bevölkerung in ständigem Austausch mit allen relevanten Expertinnen und Experten. Zusammenarbeit und Informationskette funktionieren bestens und wir sind jedenfalls gut gerüstet“, betonen Kaiser und Fellner.

In der Stadt Villach rüstet man sich ebenfalls: Der Gailradweg sowie die Bermen auf beiden Seiten der Drau werden erneut im gesamten Stadtgebiet gesperrt. Diese Bereiche könnten vorübergehend überschwemmt werden. Die Sperren haben sich in der Vergangenheit als vernünftige Sicherungsmaßnahme erwiesen, teilt die Stadt mit.

Zugverkehr eingestellt

Wegen einer Unwetterwarnung in Italien sind laut den ÖBB zwischen Tarvisio Boscoverde und Udine bis voraussichtlich 03.11.2023, 23:59 Uhr keine Fahrten möglich.

„Sichert euer Zuhause“

Mehrere Kärntner Feuerwehren appellieren Donnerstagnachmittag an die Bevölkerung, in den nächsten Stunden besonders vorsichtig zu sein. „Sichert euer Zuhause, überprüft die Abflüsse, um Verstopfungen zu verhindern und sichert lockere Gegenstände im Freien“, heißt es beispielsweise auf der Facebook-Seite der FF Feistritz im Rosental.

Das Land Kärnten appelliert, Wetterwarnungen ernst zu nehmen. Jeder könne selbst einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, indem er sich auf die prognostizierten Wetterereignisse gut vorbereitet und sich im Ernstfall an die Anweisungen von Behörden und Einsatzkräften hält, heißt es seitens des Landes.

Prognose

Im Laufe der Nacht wird laut Meteorologen Andreas Mannsberger von der Geosphere Austria der Niederschlag intensiver. Dabei sollte es die ganze Nacht durchregnen. Erwartet werden im Oberen Drautal, im Gailtal und im Bereich der Karawanken 95 bis 110 Millimeter Niederschlag, in den Hohe Tauern und in Mittelkärnten 80 und im oberen Gurktal und in Unterkärnten 50 bis 60 Millimeter.

In Kammlagen können durchaus noch höhere Niederschlagsmengen auftreten. Die Schneefallgrenze fällt in den hohen Tauern rascher ab, nicht jedoch in den Karnischen Alpen und Karawanken. Der Schwerpunkt liegt im oberen Gailtal. Für das Klagenfurter Becken und das Lavanttal sind sich die Prognosemodelle noch uneinig – Schauerzellen könnten durchaus auch hier größere Niederschlagsmengen bringen.

Hinzu kommt Sturm, in den Bergen schon am Nachmittag, der mit Windspitzen von rund 100 km/h vor allem im Bereich der Karawanken auch in den Tallagen durchfegen wird. Beruhigung ist erst am Freitag am späteren Nachmittag zu erwarten. Das nächste Tief erreicht uns schon von Samstag auf Sonntag. Die Regenfälle sollten aber wesentlich geringer ausfallen als Donnerstagnacht.

Hochwassergefahr

Fünf- bis dreißigjährige Hochwasser werden laut Hydrografischen Dienst an der Oberen und der unteren Gail, an Karawankenbächen, an der Oberen Drau, Möll, Lieser, Gurk, Glan und Lavant erwartet. An der Drau in Lavamünd Grenze werden 1700 m3/s (+- 250 m3/s) erwartet. An den Seen werden bis zu zehnjährliche Wasserstände prognostiziert. Auch die Grundwasserstände werden weiter ansteigen.

Bei der berechneten Abflussmengen an der Drau ist mit keinen gröberen Überflutungen in Kärnten zu rechnen. „Wir haben jetzt aber alle relevanten Stellen in Slowenien gewarnt, um auch unsere Nachbarn auf die Gefahr aufmerksam zu machen“, sagen Kaiser und Fellner. Kontakt wurde einerseits über das Polizeikooperationszentrum, die Leitstelle in Ljubiljana, über den hydrologischen Dienst Sloweniens und den slowenischen Zivilschutzverband, andererseits auch über einen persönlichen Kontakt zum Bürgermeister von Dravograd aufgenommen.

„Für die sichere Hochwasserabfuhr bleiben die großen Stauseen abgesenkt, der Wasserspiegel bei den Kraftwerken Rosegg und Feistritz im Rosental wurde um 2,5 Meter gesenkt, der Völkermarkter Stausee wurde über das Kraftwerk Edling um 1,5 Meter unter das Normalniveau gesenkt“, teilt Verbund-Pressesprecher Robert Zechner mit.

Orkantief „Ciarán“

Außergewöhnlich stark und ausgeprägt sei derzeit laut Österreichischer Unwetterzentrale (UWZ) der Jetstream. Das Starkwindband in rund zehn Kilometern Höhe, das sich um die Nordhalbkugel bewegt, erreicht aktuell über dem Nordatlantik teils mehr als 300 km/h. Es sorgt dafür, dass transatlantische Flüge extrem schnell sein können. „Von New York nach London etwa um zwei Stunden schneller“, rechnet Nikolas Zimmermann, Meteorologe bei der UWZ vor.

„Der Jetstream ist auch verantwortlich für das tagtägliche Wetter. In diesem Bereich bilden sich Hoch- und Tiefdruckgebiete“, erklärt Zimmermann. Aktuell bereitet das Orkantief namens Sorgen. Der Höhepunkt des Föhnsturms wird heute Abend zwischen den Hohen Tauern und den Niederösterreichischen Voralpen erwartet. Auf exponierten Bergen, wie etwa auf der Villacher Alpe, wird mit Orkanböen (ab 118 km/h, Anmerkung) gerechnet. Sturmböen bis zu 100 km/h sind in Tallagen wie im Dreiländereck oder im Rosental möglich. Dem nicht genug. „Ein Randtief des Orkantiefs bildet sich über Norditalien“, sagt Zimmermann. Es sorgt in Osttirol und weiten Teilen Kärntens für Starkregen. Auf Bergen über 3000 Metern kann es bis zu einem halben Meter Neuschnee geben.

Die Gefahr von Vermurungen und kleinräumigen Überflutungen bleibe erhöht. Der Freitag könnte für einige Gewässer sowie deren Anrainer der herausforderndste Tag werden, so Johannes Moser, Leiter des Hydrographischen Dienstes beim Land Kärnten. Obwohl Staubereiche stark abgesenkt wurden und werden, erschweren die bereits hohen Grundwasser- und Seewasserstände die Situation.

An der Gail ist mit einem fünf- bis zehnjährlichen Hochwasser zu rechnen, an der Drau könnten die Wasserstände so hoch wie alle fünf Jahre werden. Der Gail gerät ihre „längere Reaktionszeit“ zum Nachteil, so Moser.

Auch an Glan und Glanfurt könnte es prekär werden. Die Glan braucht sehr lange, bis das Hochwasser zurückgeht. Und die Glanfurt sei stark vom Wörthersee abhängig, so Moser. In diesem ist ebenfalls mit einem fünf- bis zehnjährlichen Wasserstand zu rechnen. Die Folgen: Stellenweise drohen, vor allem nahe der Glan und der Glanfurt, Keller überflutet zu werden. Erhöhte Vorsicht ist auch im Gail- und Lesachtal und eventuell auch im Möll- oder Drautal geboten. Der Krisenstab tagt heute wieder.