Andere sind in seinem Alter längst im Ruhestand, er war bis zuletzt im Wartestand: Kein anderer hat in der britischen Monarchie so lange darauf gewartet, britischer Monarch zu werden.
Nun ist Charles neuer britischer König und ließ an der Hochachtung für seine verstorbene Mutter keine Zweifel: "Wir trauern zutiefst um den Tod einer geschätzten Souveränin und einer viel geliebten Mutter", so seine erste Stellungnahme als neuer König. Das Volk kennt ihn sattsam, gerade in den letzten Jahren war er neben Sohn William immer häufiger das Gesicht der Monarchie – den schwindenden Kräften seiner Mutter geschuldet. Den Respekt, den viele Briten Prinz Charles mittlerweile zollen, musste er sich über die Jahre erarbeiten.
Mit offiziellen Aufgaben seit 1977 betraut
Nach zwei Studien in Cambridge und in Aberystwyth in Wales absolvierte der Prinz von 1971 bis 1976 eine Militärausbildung. Die Aussicht, dass er eines Tages seine Mutter am britischen Thron beerben wird, wurde gegen Ende 1977 konkret. Damals wurde der Prinz auch in den Kronrat, das politische Beratungsgremium des britischen Monarchen aufgenommen. Charles begann bei öffentlichen Veranstaltungen und bei Staatsbesuchen als offizieller Repräsentant der britischen Krone aufzutreten – ein Tätigkeitsfeld, das im Wesentlichen auch die 45 Jahre danach prägte.
Wirklich im Rampenlicht stand der Erstgeborene, als er 1981 in der St. Paul's Cathedral in London nach recht kurzer Verlobungszeit Diana Spencer heiratete. Das junge Paar schien, wenn auch ungleicher Natur, ein Versprechen an die Zukunft der Monarchie. Mit William (1982) und Harry (1984) kamen zwei Kinder zur Welt, die die Ehe allerdings nicht mehr retten konnten.
Die Popularitätskurve des 1948 Geborenen hatte einen jähen Knick, als sein außereheliches Verhältnis zu Jugendliebe Camilla bekannt wurde. Betrug gab es in der Ehe von Charles und Diana freilich wechselseitig, es folgten Scheidung und der tragische Unfalltod Dianas 1997. Erst 2005 heiratete Charles dann Camilla (heute 75), auf eigenen Wunsch – und vermutlich auch auf dringenden Rat des Königshauses – mit möglichst wenig Aufsehen.
Charles bereitete sich ein Leben lang auf den großen Moment vor, ist Schirmherr unzähliger Organisationen und unternahm gerade in den letzten Jahren mit seiner Frau viele offizielle Reisen in Commonwealth-Staaten, die seine hochbetagte Mutter nicht mehr antreten konnte. Dass er ökologischen Belangen viel Aufmerksamkeit schenkt und selbst mit Engagement biologische Landwirtschaft betrieb, tat das Volk zunächst noch als Spleen, bestenfalls als sinnvollen Zeitvertreib, ab.
Im Laufe der Zeit etablierte sich Charles – mit den nötigen finanziellen Mitteln im Hintergrund – aber durchaus mit Herzblut als eine Art Pionier, als grüner Royal. "Im neuen Europa brauchen wir eine neue Wirtschaftsethik, die Umweltbewusstsein, soziales Engagement und langfristiges Denken an erste und nicht an letzte Stelle setzt", forderte er etwa. Gedanken machte sich Charles auch zur Architektur im Land, so nahm er einmal empörte Reaktionen in Kauf und hielt fest: "Halb London ist so hässlich, dass es abgerissen gehört."
Wird er neue Impulse setzen können?
Über die Zukunft der Monarchie hat sich Charles in den letzten Jahrzehnten durchaus Gedanken gemacht, wie weit seine Reformpläne tatsächlich gehen würden, ist allerdings bislang unklar. Dass er eine Verschlankung und damit verbundene Umstrukturierung des Königshauses anpeilt, wird ihm allerdings immer wieder zugeschrieben.
Angesichts des derzeitigen wirtschaftlichen Zustandes Großbritanniens dürfte das von Brexit, enormer Inflationen und horrenden Energiekosten geplagte Volk darauf positiv reagieren. Ob er in seiner – im Vergleich zu seiner Mutter – so oder so zeitlich überschaubaren Regentschaft dem Königreich wesentliche neue Impulse geben wird, bleibt abzuwarten.
Mit seinem erstgeborenen Sohn William (40) und dessen Frau Kate (40) scheint Charles auf einer Linie zu sein, was die grundlegende Stoßrichtung der Monarchie betrifft. Jetzt ganz offenbar haltlose Spekulationen, wonach Charles zugunsten seines Sohnes, Zweiter in der Thronfolge, auf die Krone verzichten wird, hielten sich hartnäckig.
Der leidenschaftliche Jäger und Naturfreund Charles dürfte in Zukunft wesentlich weniger Zeit haben, mit seiner Frau Camilla – sie ist nunmehr "Queen Consort des Vereinigten Königreiches" – durch die Highlands im schottischen Norden zu streifen. Für den neuen, späten König beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt.