Der Mars ist derzeit - bzw. spätestens seit dort der neue Rover "Perseverance" der US-Raumfahrtbehörde NASA im Einsatz ist - in aller Munde. Doch auch der gute alte Mond rückte wieder in den Fokus: Nun unterzeichneten Russland und China ein Memorandum ("Memorandum of Understanding, MoU") über den Aufbau einer internationalen wissenschaftlichen Mondstation.Roskosmos und die chinesische Raumfahrtadministration betonten, anderen Ländern und internationalen Partnern offenen Zugang zu dem Projekt sichern zu wollen.
Chinesen voll in Raumfahrt eingestiegen
Gernot Grömer, Direktor des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF), erläutert im Interview, was hinter dem Projekt steckt: "Bis jetzt ist es nur eine Absichtserklärung, der zuerst einmal Budgets und politischer Hebel folgen müssen." Er ist vor allem vorsichtig, was Moskau anbelangt: "Gerade bei den russischen Projekten gab es in den letzten Jahren mehrere größere Ankündigungen, die dann nicht materialisiert sind - etwa die Schwerlastrakete 'RUS-M'. Die chinesischen Ambitionen sind da schon etwas konkreter, auch im Rahmen der nationalen Weltraumbestrebungen, dafür aber gepaart mit längeren Entwicklungszeiten", so Grömer.
Die auf der Oberfläche oder im Orbit des Mondes geplante Station soll der geowissenschaftlichen Erkundung des Erdtrabanten dienen - aber auch der spätere Rohstoffabbau ist interessant: Zentral ist der Abbau von Wassereis an den Polen des Erdtrabanten - damit ließe sich eine Art "Tankstelle" für die Erschließung des tiefen Sonnensystems andenken. Prinzipiell sei auch der Abbau von Helium-3, einem seltenen Helium-Isotop, spannend. Diese würde in Zukunft für Fusionsreaktoren benötigt werden. "Da reden wir aber möglicherweise von mehreren Jahrzehnten Entwicklungszeit", betont der Astrophysiker.
Und dann ist da natürlich die Rolle des Mondes als "Sprungbrett" für Missionen in die Tiefen des Weltalls, erklärt Grömer: "Der Mond hat nur ein Siebtel der Erdanziehungskraft unseres Planeten, deshalb lassen sich von dort auch leichter Raketen starten. Allerdings muss man dafür zuerst einmal die ganze Startinfrastruktur entweder von der Erde hintransportieren oder Produktionslinien vor Ort ausbauen: Beides sind Projekte, die eher in Jahrzehnten zu messen sind als in Jahren."
Die Russen und die Chinesen sind freilich nicht die einzigen Raumfahrtnationen, die sie nach dem Mond und einem dauerhaften Habitat dort strecken: Die NASA will die künftige, um den Mond kreisende Station "Artemis Gateway" als Außenposten für Expeditionen zum Mond nutzen. Einer ihrer Partner dafür ist Europas Raumfahrtbehörde ESA. Erst im Herbst wurde ein Vertrag über die Lieferung von Modulen für den Aufbau der Station geschlossen.
Russen beteiligen sich nicht an NASA-Projekt
"Geopolitisch gesehen dürfte das Memorandum zwischen Zhang Kejian von der Nationalen Chinesischen Raumfahrtbehörde und Dmitry Rogosin, dem Generaldirektor von Roskosmos, auch ein Gegengewicht zu der US-Initiative für die Erschließung des Mondes sein. Letztere hat ja auch zu russisch-amerikanischen diplomatischen Verstimmungen geführt. Russland ist ja auch bewusst kein Partner bei der 'Gateway-Initiative'", erläutert Grömer. Russland hatte offiziell mitgeteilt, sich nicht an einer von den USA geplanten Raumstation am Mond beteiligen zu wollen, sondern sein eigenes Programm zu verfolgen.
Der Vorteil einer Basis auf der Mondoberfläche liegt für Grömer auf der Hand: "Der 'Artemis Gateway' ist letztlich eine Orbitalplattform, die kurze Mondexkursionen erlaubt - eine Mondbasis wäre permanent nutzbar." Prinzipiell scheinen die russisch-chinesischen Pläne jedenfalls konkreter zu werden: Moskau will demnach nun gemeinsam mit Peking einen "Fahrplan" für die Errichtung der Mondstation erstellen. Nach Angaben Rogosins soll es von 2028 an bemannte Missionen zum Mond geben.