Erste Fahrzeuge haben die neu errichtete Brücke des Stararchitekten Renzo Piano in Genua befahren. Seit Sonntag sind sechstägige Stabilitätstests auf dem Viadukt im Gange. Die Brücke wurde bereits von 56 Lkw mit einem Gesamtgewicht von 2.500 Tonnen befahren, berichtete der Bürgermeister von Genua, Marco Bucci.

705 Tage sind seit dem Einsturz der Morandi-Brücke vergangen, bei dem 43 Personen ums Leben gekommen sind. Die Bauarbeiten für die Errichtung der neuen Brücke seit Mitte April 2019 nahmen 461 Tage in Anspruch. "Die Bauarbeiten sind auch während der akutesten Phase der Covid-19-Epidemie nie unterbrochen worden. Diese Brücke ist das Symbol eines Italiens, das seine Ziele erreicht", betonte Giovanni Toti, Präsident der Region Ligurien, zu der Genua gehört.

Nach den Stabilitätstests ist noch eine oberflächliche Asphaltierung, sowie die Montage der Verkehrsschilder vorgesehen. Erwartet wird, dass die Brücke in der ersten August-Hälfte eingeweiht wird. Als Datum für die Einweihung könnte der 14. August, zweiter Jahrestag des Unglücks, gewählt werden.

Die neue Autobahnbrücke, die den westlichen mit dem östlichen Teil der Stadt verbindet, gilt als ein Symbol von Italiens Neustart. Das 40 Meter hohe und fast 1.200 Meter lange Polcevera-Viadukt, das auch Morandi-Brücke genannt wurde, war am 14. August 2018 auf einem etwa 200 Meter langen Abschnitt eingestürzt. Das Bauwerk war Teil der Autobahn 10, die als "Autostrada dei Fiori" bekannt ist und eine wichtige Urlaubsverbindungsstraße nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei darstellt.

Der Einsturz hatte das ganze Land geschockt und ein nationales Trauma ausgelöst, denn er steht für die marode Infrastruktur in ganz Italien: fehlende Instandhaltung, zerbröselnde Straßen und Brücken. Dem Autobahnbetreiber Autostrade per l'Italia (ASPI) soll schon lange vor dem Einsturz bekannt gewesen sein, dass es Schäden an der Brücke gab. Bei der Staatsanwaltschaft läuft ein Mammutverfahren gegen mehr als 70 Verdächtige.

Die Mehrheit an der Autobahngesellschaft ASPI soll jetzt die Staatsbank CDP übernehmen, wie die Regierung in Rom am Mittwoch mitteilte. Der Mehrheitseigentümer von Autostrade per l'Italia, die Infrastruktur-Holding Atlantia, erklärte die Bereitschaft zum Rückzug und beugte sich damit dem Druck der Regierung, die mit dem Entzug der Maut-Konzession gedroht hatte.