In den spanischen Pyrenäen wurden vor 7300 Jahren vier Kleinkinder und fünf ältere Menschen ermordet, ihre Leichen in eine Höhle geworfen und verstümmelt. Die Täter gingen so brutal vor, dass das Massaker wohl vorab geplant war, erklären österreichische Forscher mit Kollegen. Es ist ein uraltes Zeugnis von Fremdenfeindlichkeit oder Ressourcenstreit, schrieben sie im Fachblatt "Scientific Reports".
Zumindest vier der Erwachsenen wurden durch Pfeilschüsse in den Kopf exekutiert, sagte Kurt W. Alt vom Zentrum Natur- und Kulturgeschichte des Menschen der Danube Private University (DPU) im Gespräch mit der APA: "In einem Fall hat man durch das Auge geschossen, wobei die Pfeilspitze an der Innenseite des Schädelknochens aufschlug". Laut der an den Untersuchungen beteiligten Rechtsmedizinern wurden die Schüsse alle aus ungefähr derselben Entfernung abgegeben.
"Alle fünf Erwachsenen und die vier Kleinkinder weisen zusätzlich zahlreiche Verletzungen durch stumpfe Gewalt am Schädel und den übrigen Knochen auf", erklären die Forscher in einer Aussendung der DPU. An den Langknochen von Armen und Beinen lagen diese Verletzungen häufig gelenknah und hätten zum Durchtrennen und Zersplittern der Knochen geführt.
In der Enge der Höhle wäre es unmöglich gewesen, mit Pfeil und Bogen zu hantieren. Deshalb müssen die tödlichen Schüsse im Freien abgegeben worden sein. Offensichtlich wurden die Leichen dann in die Höhle gebracht. "Dort wurden postmortal weitere Manipulationen vorgenommen, welche der Auffindungszustand dokumentiert", so die Forscher. Die Gewalt an den Opfern war dermaßen übertrieben, dass sie nicht von einem "einfachen" Raub ausgehen, der eskalierte. Die Opfer gehörten laut Erbgut-Analysen zu den ersten Steinzeitbauern, waren also "frühneolithische" Einwanderer aus dem Nahen Osten.
Darunter waren keine wehrhaften, jungen Kämpfer, sondern es handelt sich bei den Opfern ausschließlich um Kleinkinder und ältere Frauen und Männer. Die Els Trocs Höhle, wo man ihre Überreste in den Jahren 2009 bis 2019 ausgegraben hat, liegt am Fuße eines kleinen Hügels einer Pyrenäen-Hochebene. "Wir glauben, dass die Opfer wie bei der österreichischen Almwirtschaft die Sommermonate auf der Hochebene verbracht haben", so Alt. Die bis zu 60 Jahre alten Frauen und Männer, denen die Arbeit auf den Feldern zu schwer war, haben sich demnach um Vieh und Kleinkinder gekümmert, und ihre Angehörigen im Tal damit entlastet.
Wer die Täter waren, die sich auf die exponierten Alten und Kinder gestürzt haben, ist nicht bekannt, denn sie haben keine verwertbaren Spuren hinterlassen. "Dass Kleinkinder ermordet und 60-jährige Frauen auf einmal erschossen wurden, lässt mich daran glauben, dass hier am ehesten zwei Welten aufeinandergeprallt sind", so Alt, nämlich die Welt der alteingesessenen Jäger und Sammler, sowie jene der zugezogenen Bauern. Er vermutet, dass die Täter demnach ansässige Jäger und Sammler waren, die sich durch die Aktivitäten der bäuerlichen Gruppen in ihrem Territorium massiv gestört fühlten und sie mit dem Gewaltakt einschüchtern wollten. "Für mich ist das viel wahrscheinlicher, als dass zum Beispiel zwei benachbarte Bauerndörfer einander meinetwegen Vieh gestohlen oder Frauen geraubt haben, und sich so das Leben schwer machten", sagte er.