Gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein wären Zeitreisen zwar theoretisch möglich, viele Details der dabei auftretenden zeitlich-kausalen Zusammenhänge sind aber noch ungeklärt. Einem internationalen Forscherteam unter Beteiligung eines Wiener Physikers ist es nun gelungen, eine der Lücken in der Theorie zu schließen, wie die Forscher im Fachjournal "Classical and Quantum Gravity" berichten.
Es war der österreichische Mathematiker und Philosoph Kurt Gödel, der bereits 1949 erkannte, dass Albert Einsteins Beschreibung des Universums theoretisch nicht nur Zeitreisen an sich, sondern auch das Zusammentreffen eines Objekts mit einer jüngeren Version seiner selbst erlaubt. Die Widersprüche, die im Rahmen einer solchen Reise auftreten könnten, beschäftigen Wissenschafter dagegen bis heute.
Ein besonders anschauliches Beispiel für einen solchen Widerspruch ist das sogenannte "Großvaterparadoxon": Es handelt von einem Zeitreisenden, der in der Vergangenheit seinen eigenen Großvater tötet und so die Ursache seiner eigenen Existenz auslöscht. Das einleuchtende Grundproblem dabei: Da er dann nie existiert hat, kann er aber auch nicht in Vergangenheit gereist sein, um den Mord zu begehen.
Die so illustrierten Probleme mit Ursache und Wirkung (Kausalität) bei Zeitreisen wurden allerdings bereits Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ausgeräumt. Damals stellte man fest, dass es sehr wohl in sich geschlossene Zeitkurven gibt, entlang derer sich ein Objekt in seiner Vergangenheit selbst beeinflussen kann, ohne dabei Widersprüche zu verursachen.
Als Beispiel diente den Wissenschaftern damals eine Billardkugel, die durch ein Wurmloch in ihre Vergangenheit rollt. Nach dem erstmaligen Anstoßen der Kugel bewegt sie sich eine Weile lang auf das Wurmloch zu und reist dann nur ein kleines Stück zurück - und zwar an einen Zeitpunkt, der irgendwo zwischen dem Anstoß und dem Eintritt in das Wurmloch liegt.
Stößt sie dort gegen die jüngere Version ihrer selbst, wird diese dennoch nicht so weit von ihrer Bahn abgelenkt, dass sie den Eingang des Wurmlochs verfehlt. Auf solchen in sich geschlossenen Zeitkurven passt immer alles zusammen, sodass keine Widersprüche auftreten. Andernfalls müsste es am Beginn des Prozesses gewisse Einschränkungen geben, die es verbieten, die Kugel auf eine bestimmte Art und Weise in Richtung des Wurmlochs anzustoßen.
"Das wäre schon sehr merkwürdig", sagt der Erstautor der aktuellen Studie, Ämin Baumeler, vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA. "Schließlich liegt zu diesem Zeitpunkt die gesamte Zeitreise noch in der Zukunft und es gibt kein physikalisches Gesetz, das mich daran hindern könnte, die Kugel in eine bestimmte Richtung zu rollen."
Bei den damaligen Überlegungen ging man also noch davon aus, dass sowohl der Ausgangspunkt - also der Eintritt ins Wurmloch - als auch das Ziel der Zeitreise in der Zukunft liegen. Die Physiker aus Wien, Lugano (Schweiz) und von der University of Queensland (Australien) verlegten nun aber sozusagen das gedankliche Szenario als Ganzes: "In unserer Studie konnten wir nun zeigen, dass Ähnliches auch gilt, wenn man sich innerhalb der geschlossenen Zeitkurve befindet, also zeitlich betrachtet von der Zeitmaschine umgeben ist", sagte Baumeler.
Übertragen auf das Beispiel mit der Billardkugel würde das bedeuten, dass die Kugel dann auch beliebig umgeleitet werden kann. Somit stünden Zeitreisen auch in diesem Fall in keinerlei Widerspruch zu den lokalen Gesetzen der Physik.