Wo einst die Bewohner von Santiago ihre Freizeit am Wasser verbrachten, liegen jetzt nur noch Tierknochen auf harter, trockener Erde. Der Aculeo-See, ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Einwohner der chilenischen Hauptstadt, ist binnen weniger Jahre komplett ausgetrocknet.
Holzstege ragen über die trockene Ebene, die einmal ein Gewässer war. Am früheren Ufer sammelt sich der Staub auf Kanus und Motorbooten. Nur eine Plakatwand zeigt den Aculeo noch, wie Santiagos Einwohner ihn liebten: leuchtend blau vor dem Hintergrund der Anden. Ein Slogan auf dem Plakat ruft zur Rettung des Sees auf.
"Seit zehn Jahren leiden wir unter der Dürre, und nun ist der See weg und mit ihm der Tourismus, die Zeltplätze, die Einnahmen, alles", klagt Marcos Contreras, der auf einem Campingplatz arbeitet. Nur wenige Jahre ist es her, dass die Menschen aus der Umgebung an den Aculeo kamen, um hier zu schwimmen, Wasserski zu fahren, zu segeln oder sich ein wenig abzukühlen.
Dann verschwand das Wasser
Doch dann verschwand das Wasser - so schnell, als hätte jemand einen riesigen Stöpsel gezogen. Im Jahr 2011 war der See noch zwölf Quadratkilometer groß und sechs Meter tief. Dann sank der Wasserspiegel.
Gründe dafür gibt es viele. Experten und Anrainer verweisen auf den Klimawandel und eine jahrelange Dürre. Aber auch die Landwirtschaft, für die Unmengen Wasser aus dem See gepumpt wurde, spielte eine Rolle. Außerdem wurden stetig neue Häuser gebaut, deren Einwohner ebenfalls Wasser verbrauchten. Im Mai 2018 verschwand der Aculeo dann vollständig.
Rund 70 Prozent der Chilenen leben in Gebieten, die von Dürre betroffen sind. "Meine Großeltern erinnern sich an sintflutartigen Regen, der mindestens eine Woche lang fiel", erzählt Camila Nunez, die in einem Restaurant in der Nähe des früheren Sees arbeitet. "Heute haben wir Glück, wenn es zwei Tage lang regnet." In den 80er-Jahren lag der durchschnittliche Niederschlag in Chile bei fast 350 Millimetern pro Jahr, 2018 hatte sich die Menge halbiert.
Trend setzt sich fort
Wissenschafter gehen davon aus, dass sich dieser Trend durch die Klimaerwärmung fortsetzt: Eduardo Bustos, Leiter des Forschungszentrums für Klimawandel an der Katholischen Universität von Chile, hält es für "sehr wahrscheinlich", dass die kommenden Jahre genau so trocken bleiben werden. Experten rechnen damit, dass der Grundwasserspiegel im chilenischen Inland bis zum Jahr 2030 um bis zu 30 Prozent fällt.
Wie es dann vielerorts aussehen wird, zeigt der Aculeo: Das blaue Wasser ist einer staubigen Einöde aus verkrusteter Erde und dürren, vertrockneten Sträuchern gewichen. Für Antonia Romero, die am Ufer des Acuelo aufwuchs, bleibt nur noch Bedauern und Trauer: "Wir haben den See nach und nach getötet", sagt die 26-Jährige nachdenklich.