Kritiker konstatieren ihm längst All-Machtsfantasien, doch Donald Trump lässt nicht locker: Der US-Präsident beauftragte jüngst offiziell das Pentagon, zur Schaffung einer eigenen Streitkraft im Weltraum eine Gesetzesvorlage für den Kongress auszuarbeiten. Bis 2020 soll eine "Space Force" zumindest formell stehen, als gegenüber Heer, Luftwaffe, Marine, Marine-Infanteriekorps und Küstenwache gleichwertiger, aber eigenständiger sechster Zweig der US-Streitkräfte.
"...dass unsere Macht unübertroffen bleibt"
"Das ist die Zukunft. Das ist das All. Das ist der nächste Schritt, und wir müssen vorbereitet sein", skandierte Trump. Und weiter: "Mit dieser Maßnahme werden wir dafür sorgen, dass unser Volk sicher ist, dass unsere Interessen geschützt sind und dass unsere Macht unübertroffen bleibt." Mit "unübertroffen" meint der US-Präsident zweifelsfrei eine Vorherrschaft gegenüber Russland und China. Moskau hatte erst jüngst über Verteidigungsminister Sergej Schoigu wissen lassen, rasch seine Militärsatelliten nachrüsten zu wollen. China scheint mit kolportierten 200 solcher Flugkörpern in eine ähnliche Richtung zu schreiten.
Wie die neue Space Force genau strukturiert sein soll, ist bislang noch unklar. Die Luftwaffe wurde laut Dekret angewiesen, die militärischen Weltraumeinheiten für die Verteidigung zu organisieren, auszubilden und auszurüsten. Zumindest das scheint logisch: Auch die zivile US-Raumfahrtbehörde Nasa ging 1958 aus der Luftwaffe hervor. "Man darf sich (noch) nicht eine militärische Version des Space Shuttles vorstellen, sondern eine Bündelung bestehender Kapazitäten, etwa aus der Air Force. Die Infrastruktur für den Transport von militärischer Hardware ist vorhanden – hier müsste nicht viel an technologischen Entwicklungen investiert werden", sagt Gernot Grömer, Astrophysiker und Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF).
Bereits Hunderte Militärsatelliten
Bis zu 800 US-Militärsatelliten sollen nach Schätzungen bereits den Planeten umschwirren, integrale Bestandteile bei Verteidigung und moderner Kriegsführung. "Durch weltraumgestützte Methoden weiß ich besser, wo der Gegner ist oder wie sich das lokale Wetter entwickelt", erläutert Grömer. Die bis jetzt getesteten Systeme seien Mittel für kontrollierte Kollisionen bzw. elektronische Maßnahmen, um Signale zu stören. Ein wesentliches Faktum, gerade in Zeiten, in denen USA und Russland vom Abrüstungsvertrag INF abrücken: Nuklearwaffen im All sind ob geltenden Weltraumrechts der Vereinten Nationen explizit untersagt, bestätigt Yvonne Karimi-Schmidt, stv. Leiterin des Instituts für Völkerrecht und Internationale Beziehungen an der Universität Graz. Die Grundfrage: Soll eine Weltraumarmee ausschließlich Bedrohungszenarien im All abwehren – oder wird die Gefahr einer aktiven Militarisierung über unser allen Köpfen erhöht?
Acht Milliarden US-Dollar will Trump vom Kongress für die Umsetzung der noch vagen Pläne – auf fünf Jahre aufgeteilt und verankert im Verteidigungsbudget 2020. "Das militärische Weltraumbudget ist seit Jahren mit jenem der zivilen Raumfahrt vergleichbar und aktuell auf der Überholspur. Ein Zeichen dafür dass das All von Nationen wie den USA, aber auch China als 'logische Fortsetzung' des Luftraums gesehen wird", so Grömer. Es gelte, "das konkrete Mandat und die Projekte abzuwarten." Trump braucht für seine hochfliegenden Pläne auch die Zustimmung des US-Kongresses. Und in einer der beiden Kammern dort, im Repräsentantenhaus, haben seit dem Midterm Elections nicht mehr Trumps Republikaner, sondern die Demokraten die Mehrheit inne. Kurzum: Das, was Trump erstmals im März 2018 vorgeschlagen hatte, wurde politisch also nicht einfacher umsetzbar.
"Strategic Defense Initiative"
Pläne, sich proaktiv im Weltall militärisch zu positionieren, sind indes nicht neu: Bereits US-Präsident Ronald Reagan trieb mit der "Strategic Defense Initiative" (SDI) ein komplexes Programm voran, mit dem ein Abwehrschirm gegen Interkontinentalraketen im Erdorbit aufgebaut werden sollte. Um das Jahr 1983 drohte der Kalte Krieg gegen die Sowjets wieder allzu heiß zu werden, eine im wahrsten Wortsinn hochgezogene Grenze ("High Frontier") sollte her. Die auch als "Star Wars" in die Geschichte eingegangene Initiative wurde von den Regierungen Clinton und Bush jr. unter anderen Namen fortgeführt – wirklich realisiert wurde all das nie: Neben rechtlichen Bedenken, die mögliche Kampfzone in Wildwest-Manier in das All auszudehnen, halten es Experten für unmöglich, sich gegen Flotten von Interkontinentalraketen zur Wehr zu setzen.
Und unser Kontinent? Europa habe in diesem Bereich "traditionell deutlich weniger militärischen Zugang". Dies sei "im Wesentlichen den nationalen Raumfahrtorganisationen vorbehalten, zumal die Europäische Weltraumorganisation ESA nur zivile Aufgaben wahrnehmen darf", hält Grömer fest.