Ein Traum geht in Erfüllung. Die 17. und letzte Etappe einer der größten fliegerischen Pionierleistungen ist beendet. Am Dienstag landete das Experimentierflug "Solar Impulse 2" von Kairo kommend in Abu Dhabi - wie immer ohne einen einzigen Tropfen Kerosin, angetrieben von Elektromotoren, deren Energiequelle allein die Sonne ist.

In der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate am Persischen Golf hatte die große Mission der beiden Schweizer Forscher und Piloten Bertrand Piccard und André Borschberg im März 2015 begonnen.

Ging es vor allem ums Abenteuer oder was war Sinn und Zweck?

Das Abenteuer kam zwar nicht zu kurz. Man denke nur an die tage-und nächtelangen Ozeanüberflüge. Im Vordergrund stand aber die Vision von einer Welt, die aufhört, ihre eigenen Ressourcen zu verschlingen und auf erneuerbare Energien setzt. "Wir könnten auch am Boden die gleichen Technologien einsetzen, um den weltweiten Energieverbrauch zu halbieren, die natürlichen Ressourcen zu schonen und unsere Lebensqualität zu verbessern", erklärten Piccard und Borschberg. Ihr "Solar Impulse"-Projekt haben sie mit der Umweltkampagne "Die Zukunft ist sauber" verbunden.

Wie funktioniert der Sonnenflieger?

Angetrieben wird das aus Karbonfasern gebaute 2,3 Tonnen schwere Flugzeug von vier Elektropropellern. Die beziehen ihre Energie aus 17.248 Solarzellen. Damit die Maschine nicht in der Dunkelheit vom Himmel fällt, wird Sonnenenergie in Batterien gespeichert. Viele technische Komponenten wurden in der zwölfjährigen Vorbereitungsphase eigens für diese Maschine entwickelt und gebaut. Der Flieger hat eine Spannweite von 72 Metern, also mehr als ein Jumbo Jet.

Sind diese Innovationen in anderen Bereichen nutzbar?

Mehrere Unternehmen - vor allem die Sponsoren von "Solar Impulse 2" - wollen sie serienreif machen. So sind die Solarzellen auf den Tragflächen extrem dünn und flexibel, so dass sie auch an gekrümmten Oberflächen verwendet werden können. Bei den effizienten Batterien und Elektromotoren gibt es Wechselwirkungen mit der Forschung für Elektro-Autos. Die sehr leichten Kunststofffenster des Fliegers aus Polycarbonat könnten helfen, das Gewicht von Autos - und damit den Kraftstoffverbrauch - zu verringern. Die Liste interessanter Ideen und Lösungen ist weit länger.

Wann wird es die ersten Sonnenkraft-Passagiermaschinen geben?

Bestimmt nicht in diesem Jahrhundert, vielleicht nie. Alle Experten - auch Piccard und Borschberg - sind sich einig, dass angesichts der geringen Antriebsleistung und Fluggeschwindigkeit, die mit Solarenergie erreichbar ist, damit keine größeren Maschinen in die Luft gebracht werden können. Das war auch nie die Absicht. Dass aber eines Tages Passagierflugzeuge mit Elektromotoren unterwegs sein könnten, hat auch "Solar Impulse 2" bestätigt.

Und wie würde das dann funktionieren?

Die Energiequelle für E-Flugzeuge würde nicht die Sonne sein, sondern zum Beispiel ein Hybrid aus Wasserstoffbrennzellen und Hochleistungsbatterien. Daran wird in mehreren Ländern gearbeitet. Vielversprechend erscheint der Elektro-Flieger "HY4", der im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wird. Der Prototyp soll Ende September mit einem Piloten und drei Passagieren von Stuttgart aus zum Jungfernflug starten. DLR-Experten gehen davon aus, dass 20-sitzige Passagiermaschinen mit Wasserstoffbrennzellen in 15 Jahren und 70-Sitzer in 20 Jahren unterwegs sein könnten.

Von Thomas Burmeister/dpa