Sind im Winter die Tage kurz, wird eben das Licht umso länger aufgedreht. Mit der künstlichen Beleuchtung schießt man aber zunehmend über das Ziel hinaus - das verschwendet Energie, schadet der Gesundheit und der Tierwelt und schickt die Astronomen in die Wüste, sagte Thomas Posch vom Institut für Astrophysik der Universität Wien anlässlich des "Jahres des Lichts" im Gespräch mit der APA.
Beleuchtung als Energiefresser
"Circa acht Prozente der Energie, die wir weltweit verbrauchen, gehen in die künstliche Beleuchtung", erklärte er. Davon wären 60 bis 70 Prozent überflüssig, weil das Licht nach oben ins Weltall geschickt wird, eingeschaltet ist, obwohl man es überhaupt nicht braucht, oder die Lampen schlichtweg zu hell sind. Bei der Produktion der verschwendeten Lichtenergie entstehen 750 Mio. Tonnen des Treibhausgases CO2, schätzt die Internationale Dark Sky Association, eine Organisation, die gegen diese "Lichtverschmutzung" ankämpft.
Privatpersonen und Firmen würden "fast schon selbstverständlich" das Licht herunterdimmen oder abschalten, wenn es nicht gebraucht wird, meint Posch. "Sogar die großen Betreiber von Supermärkten drehen zum Beispiel die Lampen auf den Parkplätzen außerhalb der Geschäftszeiten ab", sagte er. Die Beleuchtung würde auch keinen Sicherheitseffekt bieten, wie manchmal behauptet wird.
Wie viel Licht braucht man?
Der Großteil der Beleuchtung sei jedoch in öffentlicher Hand. Seit 300 Jahren, als man die Straßen mit öffentlicher Gasbeleuchtung erhellte, glaube man, dass Licht die Öffentlichkeit nur erfreuen könne, meint Posch. "Aber irgendwo gibt es da Grenzen, und das ist in der Politik noch nicht richtig angekommen", sagte er. Von einer Leuchtmittelgeneration zur nächsten würde man sich nicht fragen, wie viel Licht man eigentlich braucht, sondern nur freuen, dass man mit der gleichen Menge Energie alles noch heller erleuchten kann.
Das schadet nachgewiesenermaßen Mensch und Tier, so Posch. Zu viel Licht würde etwa die Ausschüttung des "Ruhehormons" Melatonin verhindern. Man kann zwar meist trotzdem schlafen, wacht aber am Morgen schlecht erholt auf, riskiert Fettleibigkeit, das Risiko für hormonabhängige Krebsarten wie Brust- und Prostatakrebs ist erhöht und das Immunsystem geschwächt.
Tiere sterben wegen Licht
"Man weiß auch, dass etwa 20 Milliarden Insekten pro Jahr an den Straßenlaternen umkommen und die Zugvögel wegen der künstlichen Beleuchtung Orientierungsprobleme haben", sagte Posch. Vor allem das Anstrahlen von Gebäuden zu touristischen Zwecken sei deswegen sehr kritisch zu sehen.
Ständig auf der Flucht vor dem Licht sind die Astronomen, erklärte Posch. Denn der "Lichtsmog" ist viel heller als die schwachen Strahlen der Himmelskörper, die die Erde aus dem Weltall erreichen. "Astronomen können in besiedelten Gebieten ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen und müssen sie in die Antarktis, in große Wüstengebiete Zentralaustraliens und nach Chile verlagern". Doch auch hier nehmen die Probleme zu, weshalb mittlerweile einige Weltraumteleskope außerhalb der lichtgetränkten Atmosphäre um die Erde kreisen.
Jahr des Lichts
Im "Jahr des Lichts" gibt es ein internationales Citizen-Science Projekt namens "Globe at Night", wo jeder die Helligkeit des Nachthimmels messen und die Daten mit seinem Mobiltelefon, Tablet oder Computer einschicken kann. In Österreich hat die Kuffner Sternwarte in Wien schon 2001 eine ähnliche Initiative namens "Wie viele Sterne sehen wir noch" ins Leben gerufen, die auch heute noch läuft. "Ich finde diese Projekte sehr gut, weil sie den Wissenschaftern erstens Resultate liefern, und andererseits das Problem der Lichtverschmutzung bewusst und greifbar machen", so der Astronom.