Mitte Oktober schuf eine Meldung Überraschung und Unruhe in Redaktionsstuben und bürgerlichen Heimen: Greta Thunberg erklärte, dass man in Zeiten von Energiemangel auf die Nutzung vorhandener, aber zur Beendigung vorgesehener Kernenergie setzen sollte, um diesem Mangel zu begegnen, und eben nicht auf die verlängerte Nutzung von Kohleenergie.

Eigentlich war diese Meldung durchaus nicht überraschend, denn erstens hatte sie diese Meinung schon früher geäußert, wenngleich leiser und unter Zurückrudern, und zweitens ist diese Präferenz ein logischer Schluss aus Ihrer Wahrnehmung, dass der menschgemachte Klimawandel direkt in die Klimakatastrophe führen wird, wenn nicht die CO2-Emissionen schnellstens massiv reduziert werden. Tatsächlich folgt sie mit dieser Lageanalyse jener der Deutschen Physikalischen Gesellschaft aus den 1980er Jahren (mit dem im Wasser stehenden Kölner Dom auf dem Titelblatt des „Spiegel“). Heute stimmen viele in Europa dieser Deutung zu.

Also kein Grund zur Aufregung? Doch, aber kaum in der Sache, sondern in der Frage der Beurteilung des Klimawandels. Ist es die eine, alles andere überragende Bedrohung, die schmerzhafte Eingeständnisse in anderen Fragen (etwa der Kernenergie und toter Milan-Greifvögel) erfordert? Das ist die „Greta-Linie“.

Oder ist sie eine Herausforderung in einer Reihe von ernsthaften Herausforderungen, mit denen gleichzeitig umgegangen werden muss. Dann wäre der Umgang mit dem Klimawandel am gesellschaftlichen „Lagerfeuer“ diverser, teils antagonistischer Interessen zu verhandeln, und nicht eine unmittelbare, alternativlose Umsetzung naturwissenschaftlicher Einsicht. Dabei kann auch herauskommen, dass eben der Weiternutzung von Kohle der Vorrang vor der Nutzung von Kernenergie gegeben wird.

Ich persönlich halte das Lagerfeuer-Konzept für den Entscheidungsprozess in einer Demokratie für angemessen, und mein Plädoyer am Lagerfeuer ist: offen sein für wirksame und belastbare Technologien, und wenn diese Kernspaltung beinhalten, dann sei es so.