Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es kaum Zweifel daran, dass der Klimawandel das Leben auf der Erde massiv verändern wird. Von Naturkatastrophen betroffen sind Männer ebenso wie Frauen. Es gibt jedoch wichtige Unterschiede, unter anderem die Art und Weise, wie Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels erfahren.
Tsunami 2004: 70 Prozent der Todesopfer waren Frauen
Das zeigt das Beispiel des verheerenden Tsunamis, der 2004 – ausgelöst durch ein heftiges Seebeben in Südostasien – wütete und allein in Indonesien mehr als 170.000 Menschen in den Tod riss. Laut des "UN Women"-Komitees in Deutschland waren 70 Prozent der Todesopfer Frauen.
Generell sterben Frauen und Kinder den Vereinten Nationen zufolge bei einer Katastrophe mit 14-mal höherer Wahrscheinlichkeit als Männer – unter anderem deshalb, weil sie später gewarnt werden, seltener schwimmen können und sich auf der Flucht um Angehörige kümmern.
Weibliche Opfer des Klimawandels
Von "weiblichen Opfern des Klimawandels" spricht Kehkashan Mansoor, die diese Aussage auf verschiedenen Studien basiert. Mansoor ist Dissertantin in der Forschungsgruppe "Social Complexity and System Transformation" am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz. Besonders in Regionen wie zum Beispiel Südasien resultieren Dürre oder Fluten in eingeschränkter Lebensmittelversorgung. Reflektiere man gesellschaftliche Normen, wonach Frauen und Mädchen häufig diskriminiert werden, können Muster der Unterernährung bei Kindern durchaus geschlechtsspezifisch sein.
In Afrika kommt es zudem immer wieder zu sogenannten "Hunger"-Ehen, bei denen heranwachsende Mädchen verheiratet werden, um ein Kind weniger versorgen zu müssen oder um dafür im Austausch Ressourcen wie Bargeld oder Vieh zu erhalten. Generell lässt sich bei von Überschwemmungen betroffenen Communitys feststellen, dass es dort vermehrt zu früheren Eheschließungen kommt. Der Armutskreislauf wird für betroffene Frauen damit weiter fortgesetzt.
Mansoor bezieht sich auf weitere Studien, wonach ältere Menschen und Kinder aufgrund ihrer geringeren körperlichen Mobilität bei Katastrophen eher zurückbleiben. Das hängt oftmals damit zusammen, dass ältere Menschen tendenziell einem Umzug eher abgeneigt sind, eine stärkere Bindung zu ihren Dörfern und Häusern haben. Das betrifft vor allem auch indigene Bevölkerungen.
Wie man der Problematik begegnen kann
Studien nehmen die Politik in die Pflicht, da diese einen erheblichen Einfluss auf die Fähigkeit schutzbedürftiger Gemeinschaften hat, mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen fertig zu werden und sich an das verändernde Klima anzupassen.
Die in Graz forschende Dissertantin Kehkashan Mansoor betont aber auch, dass mehr Forschung notwendig ist, um die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen ökologischen und sozialen Treibern und ihrer Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden zu verstehen. Durch eine geschlechtersensible Katastrophenanalyse ließe sich jedoch einiges verbessern, zum Beispiel die Katastrophenversorgung.
Claire Herrmann