Mit Spannung blicken Beobachter ab heute nach Ägypten, wenn in Sharm el-Sheikh die 27. UN-Klimakonferenz in die zweite Woche geht. Weitreichende Abkommen und Beschlüsse stehen diesmal zwar nicht auf der offiziellen Agenda, es geht primär um technische Abstimmungen, finanzielle Vereinbarungen und erweiterte Klimazusagen der Staaten. Doch die Verhandler sind diesmal mit mehreren Unwägbarkeiten konfrontiert, die sogar ein ergebnisloses Scheitern der Gespräche denkbar erscheinen lassen.
So schweben über dem Gipfel die geopolitischen Spannungen, die sich mit dem Eintreffen der Ministerinnen und Minister aus aller Welt verstärkt niederschlagen könnten. Das seit dem Krieg gegen die Ukraine diplomatisch und wirtschaftlich isolierte Russland hat im Vorfeld der Konferenz zwar versichert, weiter seine Klimaziele zu verfolgen, und zeige sich laut Verhandlern in Fachfragen nach wie vor konstruktiv. Doch niemand kann vorhersagen, wie Minister aus anderen Staaten reagieren, wenn sie bei den Verhandlungen auf Moskauer Politiker treffen, und ob Russland auf politischer Ebene nicht die Rücknahme von Sanktionen mit den eigenen Klimaversprechen junktimieren wird.
Diplomatische Eiszeit als Bremsfaktor
Als mindestens ebenso heikel für die Verhandlungen gilt die diplomatische Eiszeit zwischen China und den USA, die seit dem Taiwanbesuch der US-Repräsentantenhaus-Vorsitzenden Nancy Pelosi im Sommer angebrochen ist. Ohne Kooperation der beiden weltweit größten Emittenten, die zusammen für mehr als ein Drittel des globalen Treibhausgasausstoßes stehen, bewegt sich in der internationalen Klimadiplomatie erfahrungsgemäß wenig bis nichts. Auch das Pariser Klimaabkommen war vor sieben Jahren nur zustande gekommen, nachdem die beiden Großmächte gemeinsam noch einmal Schwung in die Verhandlungen gebracht hatten. Heuer dürfte daraus nichts werden. Während US-Präsident Joe Biden bereits am Freitag vor den Delegierten in Sharm el-Sheikh eine Rede hielt, bleibt Chinas Staatschef Xi Jinping den Verhandlungen fern.
Dabei gilt China als Schlüsselfaktor für weitere CO₂-Reduktionszusagen einzelner Staaten. Bislang hatte Peking zugebilligt, seine Emissionen nach 2030 nicht mehr weiter steigen zu lassen. Eine Verschärfung dieses Versprechens könnte etliche andere Staaten dazu bewegen, nachzuziehen. Denn bislang reichen die freiwilligen Klimaziele in Summe nicht aus, um die globale Erwärmung, wie im Pariser Abkommen festgehalten, auf deutlich unter zwei und möglichst unter 1,5 Grad zu beschränken. Wie viele Zusagen bis zum geplanten Konferenzende am Freitagabend tatsächlich noch dazukommen, ist bislang offen.
Geld für Klimaschäden als Knackpunkt
Ein weiterer Knackpunkt der zweiten Verhandlungswoche ist die Frage der Schäden, die in den Ländern des Globalen Südens durch den Klimawandel bereits eintreten. Das Thema hatte es auf Druck der Entwicklungsländer im letzten Moment auf die Tagesordnung geschafft. EU, USA und andere Industrienationen dürften freiwillige Zahlungen versprechen, wehren sich aber gegen die Einrichtung eines eigenen Fonds, der sie in die Haftung bringen und sich zu einem Fass ohne Boden entwickeln könnte. Mehrere Entwicklungsländer machen das aber bereits zur Bedingung für weitere Verhandlungen. Die Suche nach einem Kompromiss wird die Woche dominieren.