Während Vertreter der österreichischen Bundesregierung im schottischen Glasgow bei der UN-Klimakonferenz verhandeln, fehlt im eigenen Land seit mehr als zehn Monaten die gesetzliche Grundlage, auf deren Basis die eigenen Klimaziele erreicht werden sollen. Mit Jahresbeginn ist Österreichs altes Klimaschutzgesetz ausgelaufen, auf ein neues konnten sich Grün und Türkis in der Bundesregierung bisher nicht einigen, dieser Tage gab es dazu wieder Verhandlungsrunden. Die offiziellen Regierungsziele, allen voran eine Klimaneutralität des Landes bis 2040, finden sich damit nach wie vor nur als Ankündigungen im Regierungsprogramm.
Die Initiatoren des Klimavolksbegehrens und Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung wollen gemeinsam mit Klimaexperten den Druck erhöhen, damit das Versäumnis getilgt wird, wie es am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz hieß. "Die Klimapolitik in Österreich wird immer noch von einer klaffenden Diskrepanz zwischen unverbindlichen Versprechungen und konkreten Maßnahmen geprägt", kritisiert Philipp Steininger von Fridays for Future. Österreich sei in der Pflicht, Wort zu halten und ein neues Klimaschutzgesetz vorzulegen.
Motto: "Schau ma mal"
Gibt es das Gesetz nicht, drohe eine Fortsetzung der österreichischen Klimapolitik der vergangenen 30 Jahre - und zwar nach dem Motto "Schau ma mal", warnt Reinhard Steurer, Politikwissenschaftler an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. "In Summe hat Österreich als eines der wenigen westlichen Länder seit 1990 keine Treibhausgasemissionen eingespart. Wenn Politiker sagen, Österreich wäre ein Klimavorreiter, dann ist es gelogen." Mitverantwortlich für diese fatale Bilanz sei das alte Klimaschutzgesetz, das am Ende zahn- und wirkungslos geblieben sei.
Entsprechend weitreichend sind die Forderungen des Klimavolksbegehrens an eine Neufassung des Gesetzes, wie Sprecherin Katharina Rogenhofer erläutert: "Das Gesetz muss ein verbindliches Treibhausgas-Budget enthalten, das mit dem Pariser Abkommen kompatibel ist." Für Weg hin zur Klimaneutralität sollen im Gesetz Zwischenschritte festgehalten werden, zudem seien Maßnahmen und Fortschritte durch ein weisungsfreies wissenschaftliches Gremium zu bewerten.
Sanktionen bei Zielverfehlung
Keinesfalls dürfe noch einmal der Fehler passieren, ein Klimaschutzgesetz zu beschließen, das inhaltlich den Namen nicht verdiene, sagt die Rechtsanwältin Michaela Krömer. Um das auszuschließen, sei das Treibhausgas-Budget im neuen Gesetz auf alle Sektoren und auch auf die einzelnen Bundesländer herunterzubrechen. Festzulegen sei auch ein "Plan B", falls Österreich den Zielpfad verlässt. "Wir wissen aus dem alten Gesetz, dass finanzielle Sanktionen für so einen Fall nicht wirksam sind", sagt Krömer. Alternativ seien viele Maßnahmen denkbar, von zeitweisen Tempolimits bis höheren CO2-Steuern. Klimaministerin Leonore Gewessler hatte in einem im vergangenen Frühjahr bekannt gewordenen Entwurf des neuen Gesetzes ähnliche Mechanismen vorgesehen und den Unmut in weiten Teilen der ÖVP und der Wirtschaftskammer auf sich gezogen.
Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, will Fridays for Future am Freitag österreichweit an mehreren Orten demonstrieren, unter anderem in Wien auf dem Heldenplatz, wie Steininger ankündigt. Start soll um 12 Uhr sein.