Wer noch nie in Singapur war, denkt beim Klang des Namens oft an blanke Straßen, strenge Verzehrverbote in U-Bahnen und drakonische Strafen bei kleinen Regelbrüchen. Vielleicht auch an den riesigen Containerhafen, eine Übermacht an Glas- und Stahlbauten im Stadtbild sowie knappen, teuren Wohnraum. Weniger in den Sinn kommen dürften seltene Vogelarten, Krokodile und Urwald. Dabei besteht knapp die Hälfte der Fläche von Singapur aus Wald – auch wenn die Natur hier zurückgedrängt wurde.
Über die nächsten Jahre aber sollen diese zwei Gegensätze des wohlhabenden Stadtstaats – hoch urbanisierter Raum und Dschungel – wieder vereint werden. Im Westen der tropischen Metropole entsteht gerade die Smartcity "Tengah", die nicht nur städtebauliche Fortschritte wie eine automatisierte Müllabfuhr und ein autofreies Zentrum ankündigt. Zum internationalen Aushängeschild soll die Gegend unter ihrem offiziellen Spitznamen "Waldstadt" werden – denn die Stadtplaner versprechen, dass sie so grün werde wie keine vergleichbare vor ihr. Das 700 Hektar große Gelände, das einst teilweise als Ziegelsteinfabrik und später als Militärübungsplatz fungierte, wird seit Jahren aufgeforstet. 42.000 Wohnungen entstehen im Grünen und sollen bis 2023 bezugsfertig sein. Autos fahren in Tengah nur unter Grund, über der Erde ist dafür ein Fünftel für Grünflächen reserviert. Kinderspielplätze sollen von Regenwaldvegetation umgarnt sein, durch das Zentrum soll ein "Regenwaldweg" führen.
Felix Lill