Rund 17 Prozent der verkauften Lebensmittel weltweit sind laut UNO 2019 im Müll gelandet: 931 Millionen Tonnen. Verluste bei Produktion oder entlang der Lieferketten sind hier noch gar nicht eingerechnet. Etwa eine Million Tonnen genießbarer Lebensmittel landen hierzulande im Müll. Konkrete Zahlen für unser Wegwerf-Verhalten im Coronajahr 2020 liegen nicht vor, einem Bericht des WWF zufolge hat die Pandemie die Situation allerdings verschärft. "Wir gehen davon aus, dass 2020 circa 30 Prozent mehr Abfälle im Biomüll landeten", sagt Olivia Herzog vom WWF Österreich.
Die Gründe dafür sind unterschiedlich und liegen teils auf der Hand. Etwa, weil die Gastronomie vor den Lockdowns nicht genug Zeit hatte, um ihre Vorräte zu verwerten. Oder weil Importware zu spät geliefert wurde. "Auch die Weitergabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen funktionierte nicht mehr so gut, weil das häufig von Freiwilligen verrichtet wird, die dann nicht mehr verfügbar waren", ergänzt Herzog.
Der WWF zeigt aber nicht nur Probleme auf, sondern liefert Lösungsansätze mit: kürzere Lieferketten, mehr Regionalität und Vertriebswege diversifizieren. "Es gibt Landwirte, die fast ausschließlich die Gastronomie beliefern. Wenn die Wirte dichtmachen müssen, haben auch diese Bauern keinen Abnehmer mehr." Nun sei die Regierung am Zug, auch wenn "wir alle" Teil der Lösung sein müssen. Im WWF-Bericht wird gefordert, die vergeudeten Lebensmittel bis zum Jahr 2030 in Österreich zu halbieren.
Ein Ziel, das auch Abfallwirtschaftsexpertin Gudrun Obersteiner von der Universität für Bodenkultur mitträgt. Aufgrund mangelnder Daten könne man die Auswirkungen der Pandemie auf unser Wegwerfverhalten nicht klar bestimmen, aber "wir hoffen ja immer noch, dass das nur ein vorübergehendes Phänomen ist".
Während Handel und Gastronomie deutliche Fortschritte im Bereich der Abfallvermeidung erzielen konnten, liege das Hauptproblem bei privaten Haushalten. Erstens lasse sich hier schwerer ermitteln, um welche Mengen es geht, zweitens gebe es kaum Bewusstsein, was weggeworfene Lebensmittel betrifft. "Wenn Brot schimmelt, wird es weggeworfen, aber die wenigsten kaufen nächstes Mal weniger oder frieren einen Teil ein", klagt Obersteiner.
Matthias Reif