Bis zuletzt hatte Konferenzpräsident Sultan Ahmed Al-Jaber Druck gemacht, die 28. UN-Klimakonferenz (COP28) bis Dienstagvormittag, 11 Uhr Ortszeit (8 Uhr mitteleuropäische Zeit), abzuschließen. Dass sich das nicht mehr ausgehen würde, zeichnete sich auf dem Verhandlungsgelände in Dubai allerdings schon am Montagabend ab. Zu weit auseinander lagen nach wie vor die Positionen der Staaten in der Frage des künftigen Umgangs mit fossilen Energieträgern. Somit musste die Klimakonferenz auch heuer in die Verlängerung gehen.
Während mehrere Teilbereiche wie der neue Fonds für Schäden und Verluste durch den Klimawandel („Loss and Damage“) bereits seit Tagen in trockenen Tüchern sind, wogt der Streit um Erdöl, Kohle und Gas weiter. Für Aufregung hatte am Montagnachmittag ein Textentwurf der COP-Präsidentschaft gesorgt. Anders als im ursprünglich vorgeschlagenen Text war darin nicht mehr von einem schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen („phase out“) die Rede. Der neue Text schlug nur noch eine „Reduktion“ von Konsum und Produktion fossiler Energieträger vor - und das lediglich als Empfehlung neben mehreren anderen Optionen wie einem verstärkten Ausbau von erneuerbaren Energieträgern oder der CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS).
„Nicht Todesurteil unterzeichnen“
Während Al-Jaber von einem „Schritt vorwärts“ sprach (die fossilen Energieträger wären zum ersten Mal in einem COP-Abschlussdokument als Problemverursacher zumindest erwähnt), gingen die Wogen bei den Vertretern von EU, USA, Kanada, mehrerer Entwicklungsländer und vor allem der kleinen Inselstaaten hoch. „Wir sind nicht hierhergekommen, um unser Todesurteil zu unterschreiben“, sagte John Silk, Handels- und Umweltminister der bedrohen Marshall-Inseln. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra sowie auch Österreichs Chefverhandlerin Leonore Gewessler verwiesen auf die Klimawissenschaft, die ganz klar von einem nötigen raschen Ausstieg aus fossilen Energieträgern spreche, um die Pariser Klimaziele noch erreichen zu können. Mit Technik alleine sei das nicht machbar. Auch US-Verhandler John Kerry kündigte an, in den kommenden Stunden noch einen stärkeren Text verhandeln zu wollen.
Als Speerspitze des Widerstands gegen ein Ende von Öl und Gas tritt in Dubai Saudi-Arabien auf. Unterstützt werden die Saudis unter anderem von China, Indien, dem Irak und Russland, aber auch mehreren Staaten Afrikas, die zuerst die Finanzierung eines Umstiegs geklärt haben wollen. Die Vereinigten Arabischen Emirate gerieren sich als Gastgeber (zumindest auf offener Bühne) als neutrale Vermittler.
Neuer Text lässt auf sich warten
Es liege allein an den Delegationen der Staaten, wie ambitioniert der Text in Bezug auf die Fossilenergie ausfalle, sagte COP-Direktor Majid Al Suwaidi Dienstagmittag in einem Pressestatement. Man habe gewusst, dass der Textentwurf für Irritationen sorgen werde und habe die Nacht auf Dienstag genutzt, um mit allen Staatengruppen über die tatsächlichen „roten Linien“ zu sprechen. Auf dieser Basis werde nun ein neuer Textentwurf erstellt, der im Laufe des Dienstags veröffentlicht werden sollte. Anschließend soll neuerlich ein Plenum einberufen werden, um festzustellen, ob es noch grobe Einwände gibt. Dass der neue Text am frühen Abend Ortszeit immer noch nicht vorlag, lässt darauf schließen, dass der Diskussionsbedarf in den Untergruppen, die die einzelnen Textbausteine verhandeln, nach wie vor sehr groß ist.