Verheerende Waldbrände, die in Kanada mehr als 180.000 Quadratkilometer Land in Asche legten – eine Fläche, mehr als doppelt so groß wie Österreich; Extremniederschläge, die in Libyen Zehntausende Menschenleben forderten; Hitzewellen, die die Temperaturen in Südeuropa auf mehr als 45 Grad steigen ließen: Die Folgen des Klimawandels waren heuer in fast allen Teilen der Welt spürbar und werden, so die Voraussagen von Forschern, in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen. Vorbereitet ist man darauf in den meisten Teilen der Welt allerdings nur sehr mangelhaft, wie ein neuer Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP darlegt. Laut dem „Adaptation Gap Report 2023“, der am Donnerstag präsentiert wurde, müssten Geldmittel und Anstrengungen für die Anpassung an nicht mehr vermeidbare Klimafolgen weltweit drastisch erhöht werden, gingen zuletzt aber zurück.

Neben der Ursachenbekämpfung des Klimawandels durch das Vermeiden von Treibhausgasemissionen (in der Fachsprache „Mitigation“ genannt) wird die Anpassung an die bereits eintretenden Klimafolgen („Adaptation“) zunehmend wichtiger. „Aber dieser Bereich ist unterfinanziert, die Welt ist auf die Klimafolgen deshalb mangelnd vorbereitet“, sagt Henry Neufeldt, Leitautor des neuen Berichts. Nach den Berechnungen der Forscher besteht in den Entwicklungsländern inzwischen ein jährlicher Finanzierungsbedarf von 215 bis 387 Milliarden US-Dollar für die Anpassung an die sich ändernden Verhältnisse. Die Palette reicht von Frühwarnsystemen über Wasserverteillogistik bis hin zur Etablierung neuer Anbaumethoden. Dessen ungeachtet sind die dafür vorgesehenen Finanzflüsse aus den Industriestaaten zuletzt aber um 15 Prozent zurückgegangen und lagen 2021 nur noch bei 21 Milliarden Dollar. Die vor zwei Jahren beim Klimagipfel in Glasgow zugesagte Verdoppelung auf 40 Milliarden Dollar bis 2025 zeichnet sich bislang nicht ab. Dabei würde selbst diese die Finanzierungslücke nur um fünf bis zehn Prozent verkleinern.

UN-General sieht „Anpassungsnotstand“

Die Folgen einer nachhinkenden Anpassung an die Klimafolgen treffen nicht nur die Entwicklungsländer, sagt Ibrahim Thiaw, Leiter der UN-Wüstenkonvention UNCCD. „Das bedeutet, dass mehr Familien ruiniert werden, mehr Kinder sterben, mehr Verteilungskonflikte losbrechen und am Ende mehr Menschen in die Migration gehen. Was soll denn ein junger Somalier tun, wenn ihm hier nichts mehr bleibt?“ Für UN-Generalsekretär António Guterres zeigt der Bericht einen „Anpassungsnotstand“ auf. „Die Menschen vor den Folgen des Klimawandels zu beschützen, ist dringender denn je geworden.“

Das Grundproblem: Je langsamer es auf der einen Seite bei der Vermeidung von Treibhausgasemissionen läuft, desto teurer wird auf der anderen Seite der Schutz der Menschen vor den Konsequenzen. Kommt dieser zu kurz, treffen die Folgen des Klimawandels schlecht vorbereitete Gesellschaften, was menschliches Leid und Kosten noch weiter in die Höhe treibt. „Studien zeigen, dass jede Milliarde Dollar, die in die Anpassung an küstennahe Fluten investiert wird, spätere ökonomische Schäden in der Höhe von 14 Milliarden Dollar vermeidet“, sagt Studienautor Henry Neufeldt. „Würde man 16 Milliarden Dollar jährlich in Landwirtschaftsanpassung stecken, wären rund 78 Millionen Menschen vor dem klimawandelbedingten Hungern bewahrt.“

500 Milliarden Dollar schwere Schäden

Mangels derartiger Anpassungen treffen die Klimafolgen weite Teile der Welt ungefiltert. Laut dem neuen Report haben die 55 Staaten mit den verwundbarsten Wirtschaftssystemen in den vergangenen 20 Jahren Klimaschäden in der Höhe von mehr als 500 Milliarden Dollar erlitten. UNEP-Chefin Inger Andersen appelliert deshalb an die in wenigen Wochen startende 28. UN-Klimakonferenz, die finanziellen Anstrengungen zu erhöhen. Bislang aber sieht es danach nicht unbedingt aus. Eine Ausschusssitzung zwischen den Staaten über die Ausgestaltung eines Fonds zur Abgeltung von Klimaschäden („Loss and Damage“) musste vor zwei Wochen in Paris ohne Ergebnis abgebrochen werden.