Keine Kanonenböller zum 94. Wiegenfest. Keine Gratulanten-Besuche. Kein öffentlicher Auftritt. Königin Elizabeth II. ist, mehr noch als die meisten ihrer Landsleute, Gefangene des Virus. Ihr Alter und ihre Stellung verlangen, dass sie sich von der Außenwelt abschirmt. Und zum Feiern ist sowieso niemand groß aufgelegt im Königreich.

Also begeht die Queen ihren Geburtstag „allein“ auf Windsor Castle. Umsorgt von Bediensteten, und mit ihrem Gatten, Prinz Philip, der auf die hundert zugeht. Das „Jungvolk“ der Royals, vom 71-jährigen Thronfolger Charles bis zu den vielen Urenkeln, schaltet sich per Video zu.
So einen Geburtstag hat es in den 68 langen Regentschaftsjahren Elizabeths noch nie gegeben. „Trooping the Colour“, die Geburtstagsfeier im Juni, ist auch schon abgesagt. Ihrer Majestät sei „sehr daran gelegen, dass keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden“, heißt es bei Hofe. Besondere Feierlichkeiten wären „unpassend unter den gegebenen Umständen“. Die Queen weiß, was sich ziemt.

Abkapselung

Deshalb ist den Kommunalverwaltungen im Land mitgeteilt worden, dass sie diesmal keine Flaggen aufziehen müssen, wie es sonst Brauch ist. Wer will, kann es tun. Auch das eine oder andere Feuerwerk, das Royalisten auf dem Dachboden gelagert haben, dürfte gezündet werden. Ansonsten wird es still bleiben am Himmel im Westen Londons – zumal kaum noch Flugzeuge über Windsor Castle hinwegziehen. Die Queen kann sich in aller Ruhe auf dem weitläufigen Schlossgelände die Füße vertreten. Was fraglos besser ist, als wie viele britische Familien in eine winzige Wohnung eingeschlossen zu sein. Was aber die erzwungene Abkapselung der Queen nur unterstreicht.

Nicht, dass man Elizabeth darüber klagen hörte. Zweimal, zuletzt zu Ostern, hat sie sich seit Beginn des Corona-Ausbruchs im TV mit eindrucksvollen Durchhalte-Appellen an die Nation gewandt. Ihren Briten, denen die Auftritte Boris Johnsons und seiner Minister immer fragwürdiger sind, hat sie sich als ruhiger Pol in der Krise präsentiert. Sie sprach mit der Autorität einer Überlebenden aus Weltkriegstagen mit unsentimentalen Erinnerungen und ungebrochenem Willen. Die in keine Churchill-Rolle schlüpfen muss, um zu beeindrucken. Immerhin kannte sie Sir Winston persönlich. Er war ihr erster Premier.

Kein Wunder, dass sich ihre Landsleute um die Krone scharen wie um die BBC und natürlich ums Nationale Gesundheitswesen (NHS), zwei andere große Institutionen im Staate. Im Bewusstsein der allgemeinen Erwartung springen die anderen Familienmitglieder der „alten Dame“ bei, so gut es geht.

Prinz Charles, der sich in Schottland erfolgreich durch seine eigene Corona-Erkrankung kämpfte, hat mit wohldosierten Videoansprachen und der Online-Eröffnung des neuen Londoner Nightingale-Megalazaretts ebenfalls bei eher skeptischen Briten Pluspunkte gesammelt. Seine Frau Camilla hat ohne viel Getue dem Freiwilligenheer im Lande Mut zugesprochen und für alle in häuslicher Isolation gefährdeten Frauen Hilfe verlangt.

Beide bereiten sich offenbar für die Zeit nach der Aufhebung des Lockdowns auf eine aktivere Rolle vor. Auch Prinz William und seine Frau Kate, in Ostengland basiert, waren kontinuierlich sichtbar. Sie versicherten den „Frontkämpfern“ des NHS, dass ihnen die Nation rückhaltlose Anerkennung schulde.

Wenig Freunde machten sich hingegen Williams’ Bruder Harry und dessen Frau Meghan, die von Kalifornien aus britische Veteranen und Suppenküchen-Helfer in London zu weiterem Heroismus anfeuern. Rapide schwindet der Respekt für das Paar, das sich jüngst aus dem Dienst der Monarchie verabschiedete, um sich an der Westküste der USA mehr um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern.

In der schweren Krise hätten die Sussexes nach England zurückkehren sollen, meinen jetzt auch frühere Fans. Mit Kopfschütteln werden Erklärungen des Paares quittiert, es wolle nie wieder mit der britischen Boulevardpresse reden. Tatsächlich kümmert der Streit der zwei mit der Presse auf der Insel niemanden mehr so recht. Die Krise hat, unbemerkt von Prinz Harry und seiner Frau, alles verändert. Ein Blick nach Windsor macht das schnell klar.