Nach mehrmonatiger Entspannung der Lage in Großbritannien fürchtet die britische Regierung jetzt, dass eine gefährliche neue Corona-Welle über das Land herein zu brechen droht. Anlass der Besorgnis ist die rasche Ausbreitung der zuerst in Indien entdeckten Virus-Variante B.1.617.2, die inzwischen schon 75 Prozent aller Infektionsfälle im Vereinigten Königreich ausmacht. Am Freitag erklärte der führende Covid-Forscher Neil Ferguson vom Imperial College in London, dass der nun Delta genannte Virus-Typ „möglicherweise 60 Prozent leichter übertragbar“ sei als die im letzten Herbst in Südostengland identifizierte Variante, die im Vereinigten Königreich mittlerweile Alpha genannt wird.
In einigen Regionen, wie im englischen Nordwesten, haben sich längst „Delta-Hotspots“ gebildet, die bereits für mehr Krankenhaus-Fälle sorgen. Bisher hatte die Regierung gehofft, dass die hohe Impf-Rate eine neue Katastrophe verhindern könnte. Inzwischen haben drei Viertel aller Erwachsenen in Großbritannien eine erste Dosis erhalten. Die Hälfte ist bereits voll geimpft.
Doch Christina Pagel, Chefin der Covid-Forschung am University College London schränkt ein: „Zusätzlich zur höheren Übertragbarkeit und zur geringeren Wirkung des Impfstoffs haben wir nun Belege dafür, dass das Risiko, ins Krankenhaus zu müssen, bei der Delta-Variante doppelt so hoch liegt wie bei der Alpha-Variante. So wird es für den Impfstoff schwerer, die Verbindung zwischen Infektions-Zahlen und Krankenhaus-Fällen entscheidend zu schwächen.“ Ein zusätzliches Problem ist nach Angaben der Regierung eine weitere Mutation der „indischen Variante“, bei der befürchtet wird, dass die Impfstoffe nicht wirken. In London geht man davon aus, dass es im Herbst „Booster-Jabs“ geben muss - weitere Impfgänge mit angepassten Impfstoffen.
Die britische Regierung rät aktuell von Auslandsreisen ab. Wer dennoch fährt, muss bei der Rückkehr zehn Tage in Quarantäne. Das gilt nun auch für Rückkehrer aus Portugal - das Land galt bisher als sicher. Für Unruhe hatten nicht zuletzt die 12.000 englischen Fußball-Fans gesorgt, die vorige Woche zum Champions-League-Finale zwischen Chelsea und Manchester City nach Porto geflogen waren: Hunderte von ihnen mussten bei ihrer Rückkehr in Quarantäne, weil es in mehreren Flugzeugen jede Menge positiv auf Corona Getestete gab.
unserem Korrspondenten Peter Nonnenmacher aus London