Gestern verkündete die Regierung erneut verschärfte Corona-Regeln, diesmal für die Gastronomie und geschlossene Veranstaltungen. Zuletzt gingen viele der neuen Fälle auf private Feiern und Clubbings zurück. Damit soll ab Montag Schluss sein. Die Party ist nach einem kurzen, sommerlichen Aufatmen vorbei, zumindest die offizielle.
Outdoor-Partyszene entwickelte sich
Es ist ein Samstagnachmittag im Sommer. Ein Bekannter eines Wiener DJ-Labels schickt per SMS die Koordinaten zu einer Auflegerei auf der Donauinsel. Nichts illegales, die Veranstaltung sei angemeldet. Eine öffentliche Facebook-Veranstaltung wie sonst gibt es aber trotzdem nicht, „damit nicht zu viele Leute Bescheid wissen“. Vor Ort tanzen rund 200 Leute in einer abgesenkten Wiese, ein Teil relaxt im Gras. Vom DJ-Pult schallt Techno über den Graben. Es gibt eine improvisierte Bar, dafür keine Babyelefanten und kaum Masken.
Wer glaubt, dass man in Wien diesen Sommer nicht feiern gehen konnte, irrt. Da waren der vieldiskutierte Donaukanal, aber auch der Karlsplatz, die Donauinsel, der Prater und die Brücken-Raves am Stadtrand. Eine regelrechte Outdoor-Partyszene entwickelte sich. Auf öffentlichen Plätzen wurde nach der Sperrstunde weitergefeiert.
Vorschriften mit Privatpartys umgangen
Die meisten Clubs und Veranstalter hielten sich zwar an die gesetzlichen Vorschriften, parallel zu Outdoor-Partys etablierte sich zuletzt aber auch eine risikoreichere Indoor-Partyszene.
Veranstalter organisierten in Clubs private Partys mit „geschlossener Gesellschaft“ von bis zu 200 Personen und umgingen damit die gesetzlichen Regelungen und auch die Sperrstunde um 1 Uhr. So geschehen etwa bei einer Privatparty mit mehreren hundert „Vereinsmitgliedern“ in einer Villa in Döbling oder im Club X von Szenewirt Martin Ho. Rechtlich bewegten sich diese Veranstaltungen bisher in einem Graubereich und waren zuletzt Mitgrund für die steigenden Infektionszahlen.
Party-Schluss durch neue Maßnahmen
Damit soll jetzt Schluss sein. Um einen zweiten Lockdown zu vermeiden, gelten ab Montag strengere Regeln in der Gastronomie und bei privaten Veranstaltungen. So gilt für Lokalbesucherinnen und -besucher abseits des Tisches Maskenpflicht. Auch Speisen und Getränke dürfen nur mehr am Tisch konsumiert werden. Weiters sind bei privaten Indoor-Veranstaltungen und Feiern nur mehr zehn Personen zulässig und die Sperrstunde wird auch bei geschlossenen Veranstaltungen in privat angemieteten Lokalitäten auf 1 Uhr festgelegt. Das gilt auch für Hochzeiten, für Begräbnisse aber nicht. Lediglich private Wohnungen sind von der Zehn-Personen-Regelung und zeitlich limitiertem Beisammensein ausgenommen. Eingriffe in diesem Bereich wären aus grundrechtlicher Sicht wohl auch nicht zulässig. Die genauen Maßnahmen finden Sie hier.
Verbot sinnlos: Szene-Kenner plädieren für "Saver Partying"
Geht es nach der Regierung, ist die Party damit vorbei. Immerhin wurde Clubbetreibern inzwischen ein 100-prozentiger Fixkosten-Zuschuss vom Bund zugesichert und auch die Stadt Wien macht 3 Millionen Euro zur Förderung der Clubkultur locker. Aber es geht hier nicht nur um finanzielle Existenzen. In der Szene ist man sich einig, dass ein Party-Verbot nur bedingt wirksam ist und Probleme schlicht weiter in den Untergrund, ins Private oder Illegale verschiebt. Oder nach Bratislava, auch ein beliebter Party-Hotspot derzeit. „Man kann das Feiern nicht verbieten“, sagt ein Szene-Kenner im Gespräch mit Wien.Memo. „Viele können das nicht verstehen, aber es geht hier um Stressabbau und soziales Wohlbefinden. Tanzen und feiern – das ist ein Ventil“, so der Insider. Es bräuchte ein nachhaltiges Konzept für „Saver Partying“, das der tatsächlichen Lebensrealität von jungen Menschen entspricht. Und das bald, bevor es zu kalt wird für den Donaukanal.
Ambra Schuster