Der Terrorismus-Forscher Peter Neumann hält die potenzielle Gefahr durch eine Radikalisierung der Proteste gegen Corona-Maßnahmen und -Impfung für sehr ernst.
"Was wir vereinzelt bereits gesehen haben, sind komplexere Anschläge auf das Robert Koch-Institut zum Beispiel oder auf Kliniken und auf Impfstellen", sagte Neumann am Sonntag bei Bild TV. Deshalb könne er sich vorstellen, "dass wir in einigen Monaten tatsächlich möglicherweise von einer terroristischen Kampagne sprechen müssen".
"Hochemotionale Themen"
Er sei davon überzeugt, dass die Themen Impfpflicht und das Impfen von Kindern zu einer weiteren Radikalisierung führen werde: "Das sind zwei hochemotionale Themen, die von der Szene als Signal gewertet werden und die als Trigger dienen können, als Auslöser von extremen Handlungen." Er befürchte, "dass die Bewegung insgesamt zwar kleiner wird, (...) aber dass die, die übrig bleiben, sich weiter radikalisieren und auch eben für Gewalt eintreten wollen", sagte Neumann weiter.
Aus der Politik kamen unterdessen zahlreiche Forderungen nach einem entschiedenen Vorgehen der Behörden gegen gewaltsame Corona-Proteste. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte die konsequente Ahndung von Einschüchterungsversuchen oder Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. "Der Staat darf in dieser Situation keinesfalls als schwach erscheinen", sagte er der "Welt".
"Mehr als beängstigend"
Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz nannte die aktuelle Entwicklung "mehr als beängstigend". Zu lange seien Reichsbürger und sogenannte Querdenker als harmlos abgetan worden, sagte er der "Welt". Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle warnte vor einer gezielten Unterwanderung friedlicher Corona-Proteste.
"Viele verfolgen ganz andere Ziele als Corona, sie benutzen die emotionale Debatte um die Impfpflicht, um zu spalten", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) mit Blick auf teils gewaltsame Proteste am Wochenende in Thüringen.
Aber die meisten hielten sich an die Regeln und ließen sich impfen, "darüber dürfen die Angstmacher, die Rechtspopulisten und Rechtsextremisten nicht hinwegtäuschen", sagte sie der "Bild".