In den Niederlanden ist es die zweite Nacht in Folge zu Ausschreitungen bei Protesten gegen die Corona-Maßnahmen gekommen. In Den Haag setzte die Polizei am Samstagabend Wasserwerfer gegen Randalierer ein, die die Beamten mit Feuerwerkskörpern attackierten sowie Ampeln und Verkehrsschilder beschädigten, wie die Polizei auf Twitter mitteilte. Es seien fünf Beamte verletzt worden, einer davon schwer. Man habe 19 Personen festgenommen.
Auch in anderen Städten kam es zu Ausschreitungen, vor allem von Jugendlichen. Insgesamt nahm die Polizei in mehreren Orten mindestens 40 Personen in Gewahrsam. In Amsterdam kamen mehrere tausend Demonstranten zu einem Protestmarsch zusammen, obwohl die Kundgebung von den Organisatoren nach den gewaltsamen Ausschreitungen in Rotterdam am Abend zuvor eigentlich abgesagt worden war. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot verlief der Protest allerdings friedlich.
In den Niederlanden hatte es gar keinen konkreten Anlass für die Proteste gegeben. Bisher ist keine weitere Verschärfung der Corona-Maßnahmen geplant. Die Stimmung in dem westeuropäischen Land ist aber schon stark aufgeheizt. Die Gewaltwelle setzte Freitag ein, nachdem eine nicht angemeldete Protestdemo gegen Corona-Maßnahmen in Rotterdam total aus dem Ruder lief. Hunderte Randalierer zogen durch die Hafenstadt, legten Brände, griffen die Polizei mit Feuerwerk an. "Es war eine Orgie der Gewalt", sagte Rotterdams Bürgermeister Ahmed Aboutaleb.
Am Tag danach sah man in der Innenstadt Spuren der Verwüstung: Ausgebrannte Autos, verkohlte Fahrräder und Mopeds, die Straßen übersät mit Steinen und Glas. Die Polizei wurde nach Darstellung des Bürgermeisters so bedroht, dass Beamte sogar zur Schusswaffe griffen. Auf TV-Bildern ist zu sehen, wie Polizisten gezielt attackiert werden. Polizeiautos gehen in Flammen auf. Die Polizei gab nach eigener Darstellung erst Warnschüsse ab und schoss dann auch gezielt auf Menschen. Mit einer derart großen Meute habe man nicht gerechnet, sagt der Rotterdamer Polizeichef Fred Westerbeke im TV-Sender NOS. "Dies sind für mich Kriminelle, die versucht haben, meine Polizeileute zu verletzen oder sogar zu töten." Die Justiz untersucht nun den Waffeneinsatz der Polizei.
Justizminister Ferd Grapperhaus sprach von einer organisierten Attacke auf Einsatzkräfte. "Diese Gewalt vor allem gegen die Polizei hat in der Corona-Pandemie zugenommen", sagte der Minister am Sonntag dem TV-Sender WNL. "Die Polizei wird dargestellt als Verlängerung des Staates, und der muss angegriffen werden." Bereits im Jänner hatte es heftige Krawalle gegeben, nach dem eine Ausgangssperre verhängt worden war.
Politiker äußerten sich entsetzt, Bürger reagierten empört. "Das hat nichts mit Demonstrieren zu tun", schimpfte eine Frau im niederländischen Fernsehen. Ein Mann nannte die Randalierer "Abschaum". Am Samstag kursierten in den sozialen Netzwerken Aufrufe zu Krawallen im ganzen Land. Und tatsächlich: Randalierer zogen in der Nacht zum Sonntag durch mehrere Städte. Die schwersten Ausschreitungen gab es in Den Haag. Dort wurden die Mobile Einheit der Polizei sowie Hunde und Pferde eingesetzt. Fünf Beamte seien verletzt worden, teilte die Polizei mit.
Friedlich demonstriert wurde hingegen im Nachbarland Belgien. In Brüssel gingen mehrere Tausend Menschen gegen verschärfte Maßnahmen auf die Straße. Die Demonstration sei von der Stadt Brüssel genehmigt worden, sagte eine Sprecherin der Polizei Brüssel-Ixelles der Nachrichtenagentur Belga zufolge am Sonntag. Gemeinsam mit den Ordnungskräften sei eine Route bis in das Europaviertel der belgischen Hauptstadt festgelegt worden. Die Demonstrantinnen und Demonstranten kritisieren dem Bericht zufolge etwa, dass es zuletzt öfter nötig ist, ein Corona-Zertifikat etwa in Restaurants und anderen Lebensbereichen vorzuzeigen. Die Proteste waren bis zum frühen Sonntagabend geplant.