Lettlands Regierung plant erneuten Lockdown
Angesichts rapide steigender Corona-Infektionszahlen in Lettland plant die Regierung in Riga einen neuerlichen Lockdown. Um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen, soll vom 21. Oktober bis 15. November das öffentliche Leben in dem baltischen EU-Land zurückgefahren werden. Dies kündigte Ministerpräsident Krisjanis Karins am Montagabend nach einer mehrstündigen Sitzung des Corona-Krisenstabs an. Die Regierung muss dem Vorhaben am Mittwoch noch zustimmen.
In Lettland hat sich die Corona-Lage trotz neuer Beschränkungen zuletzt zugespitzt. In den letzten 14 Tagen wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Riga vom Montag 1307,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert - ein neuer Höchststand seit Beginn der Pandemie.
In Lettland ist nur knapp die Hälfte der 1,9 Millionen Einwohner vollständig gegen Corona geimpft. Die Regierung bemüht sich seit Monaten mit nur mäßigem Erfolg, die geringe Impfbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen.
Hohe Zahlen: Putin ordnet arbeitsfreie Tage an
Angesichts dramatisch hoher Corona-Infektionszahlen hat Russlands Präsident Wladimir Putin für Ende Oktober eine arbeitsfreie Woche in seinem Land angeordnet.Vom 30. Oktober bis zum 7. November sollen Arbeitnehmer in ganz Russland demnach zuhause bleiben, ihren Lohn aber weitergezahlt bekommen.
Regionen, in denen die Lage besonders schlimm ist, können den arbeitsfreien Zeitraum demnach auch erweitern. Mit arbeitsfreien Tagen hatte Putin bereits zu Beginn der Pandemie versucht, die Corona-Situation in den Griff zu bekommen. Besonders aus der Wirtschaft kam Kritik, dass die Krise auf ihrem Rücken ausgetragen werde.
Russland hat in den vergangenen Wochen immer neue Höchstwerte bei den Corona-Zahlen verzeichnet. Am Mittwoch wies die Statistik 1.028 Corona-Tote binnen 24 Stunden aus - so viele wie noch nie zuvor. Im selben Zeitraum wurden mehr als 34.000 Neuinfektionen gezählt.
In 27 der insgesamt 85 russischen Regionen seien in den Krankenhäusern mittlerweile mehr als 90 Prozent der Corona-Betten belegt, sagte Vize-Regierungschefin Golikowa. Einem Bericht der Tageszeitung "Kommersant" zufolge sind mancherorts sogar alle für Corona-Patienten vorgesehenen Betten belegt.
Putin beklagte auch die "leider bisher nicht hohe" Impfquote im Land. In flächenmäßig größten Land der Erde, das über mehrere eigene Vakzine verfügt, sind viele Menschen weiterhin skeptisch. Erst knapp ein Drittel der insgesamt 146 Millionen Russen ist offiziellen Angaben zufolge vollständig geimpft.
Britische Mediziner fordern Rückkehr zu strengeren Maßnahmen
Vertreter des britischen Gesundheitsdienstes haben nach einem starken Anstieg der Corona-Zahlen eine sofortige Einführung von Gegenmaßnahmen gefordert. "Die Regierung sollte nicht nur ankündigen, dass wir auf Plan B setzen, sondern es sollte Plan B Plus sein", sagte Matthew Taylor, der Chef des Mitgliederverbands National Health Service Confederation, dem "Guardian" zufolge. Von Regierungsseite wurde indessen ein weiterer Lockdown ausgeschlossen.
Der von der Regierung vor einigen Wochen vorgestellte Plan B sieht eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen sowie den Ratschlag, von zu Hause zu arbeiten, vor. Außerdem könnten Impfnachweise bei größeren Veranstaltungen eingeführt werden. Der bisher verfolgte Plan A sieht vor, sich lediglich auf die Wirkung der Impfungen zu verlassen. Knapp 79 Prozent der impfberechtigten Bürgerinnen und Bürger ab zwölf Jahren sind vollständig immunisiert.
Die Zahl der täglichen Corona-Todesfälle stieg in Großbritannien mit 223 Fällen am Dienstag auf den höchsten Stand seit März. Anfang der Woche wurden knapp 50.000 neue Corona-Fälle im Land gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 435. In England sind eine Maskenpflicht in Innenräumen oder Nachweisregeln über Impfungen oder Tests seit dem "Freedom Day" im Juli eher die Ausnahme.
Infektiologe mahnt zur Vorsicht in Deutschland
Auch der Düsseldorfer Infektiologe Tom Lüdde hat in der Debatte um eine Beendigung der Corona-Notlage in Deutschland zur Vorsicht gemahnt. Es gebe noch Millionen von Ungeimpften, darunter drei bis vier Millionen Menschen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf, sagte der Direktor der Klinik für Infektiologie an der Uniklinik Düsseldorf der "Kölnischen Rundschau" (Mittwochausgabe).
Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die sogenannte epidemische Lage nationaler Tragweite - Grundlage für Verordnungen und zentrale Corona-Maßnahmen - Ende November auslaufen lassen. Es soll aber bei Maßnahmen wie Abstands- und Hygieneregeln bleiben und handelt sich nicht um einen "Freedom Day".
Lüdde sagte, es sei zu früh, Covid-19 "freien Lauf" zu lassen. Durch die Delta-Variante sei das Risiko für Ungeimpfte noch gestiegen. Die wachsende Zahl von Impfdurchbrüchen sei nicht überraschend. Schwere Verläufe gebe es ganz überwiegend bei schwer vorerkrankten, hochaltrigen oder immungeschwächten Menschen. Impfungen verhinderten mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Verläufe.
Nach Lockerungen Anstieg von Infektionen in Niederlanden
Der starke Anstieg von Corona-Infektionen und Patientenzahlen in Krankenhäusern in den Niederlanden hält an. In den vergangenen sieben Tagen nahm die Zahl der Neuinfektionen um 44 Prozent im Vergleich zur Vorwoche zu, wie das zuständige Reichsinstitut für Gesundheit und Umwelt (RIVM) am Dienstag mitteilte. Gut 25.700 Fälle wurden gemeldet. Die Inzidenz beträgt nach Angaben des RIVM 151.
Die Behörde sieht einen direkten Zusammenhang mit der Lockerung der Maßnahmen vor etwa drei Wochen.
Auch die Zahl der Todesfälle stieg. In den vergangen sieben Tagen wurden 48 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet, fast doppelt so viel wie in der Vorwoche. Die Zahl der Covid-Patienten in Krankenhäusern und auf Intensivstationen stieg so stark an, dass Krankenhäuser erneut Operationen absagen müssen. Etwa 80 Prozent der Covid-Patienten sind nicht geimpft.
EU-Gesundheitsbehörde: Ohne höhere Impfzahlen wird es nicht gehen
Auch die Gesundheitsbehörde ECDC hält eine hohe Impfquote weiter für besonders wichtig vor der Lockerung von Corona-Maßnahmen. "Solange nicht über 80 Prozent der Menschen voll geimpft sind, besteht einfach die Möglichkeit, dass der Rest der Bevölkerung von dem Virus noch befallen wird", sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon in einem Interview des vom AOK-Bundesverband herausgegebenen Magazins "Gesundheit und Gesellschaft" (G+G).
Eine Impfpflicht betrachtet die deutsche Medizinerin dennoch mit Skepsis. Viele Länder hätten auch ohne eine solche Pflicht hohe Impfquoten erreicht. "Eine Impfpflicht, etwa für bestimmte Berufe, ist eine Möglichkeit. Aber sie ist kein Zauberstab."
Die Lockdowns hätten die Fallzahlen stark gesenkt, jedoch auch wirtschaftliche, soziale und psychische Folgen gehabt, sagte Ammon. Auch deshalb seien sie kein Allheilmittel. "Meiner Ansicht nach gibt es für die Zukunft weniger eingreifende Möglichkeiten, Barrieren für das Virus zu schaffen und Distanz aufzubauen, die zuerst in Betracht gezogen werden sollten", sagte die ECDC-Chefin. "Dazu gehören der Gebrauch von Masken, das Abstandhalten und die Reduzierung der Anzahl der Menschen in Innenräumen."
Bulgarien führt 3G-Regel ein
Bulgarien führt wegen steigender Corona-Fallzahlen erst jetzt die 3G-Regel mit Zertifikaten für Geimpfte, Getestete und von Covid-19 Genesene ein. Ab diesem Donnerstag werden nur Kunden, die einen entsprechenden Nachweis haben, etwa Lokale, Hotels, Fitnesszentren, Shoppingmalls sowie Kinos, Theater, Konzerte und Museen besuchen dürfen.
In dem EU-Land mit 6,9 Millionen Einwohnern wurden zuletzt binnen 24 Stunden 4.979 Corona-Neuinfektionen nachgewiesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg damit auf 308,3 pro 100.000 Menschen. Mit rund 20 Prozent vollständig gegen Covid-19 Geimpften ist Bulgarien EU-Schlusslicht. Viele Bulgarinnen und Bulgaren wollen sich wegen Vorurteilen oder Desinformation nicht impfen lassen. Einige Krankenhäuser in Sofia werden eigenen Angaben zufolge bald am Limit sein.
Warnung in Polen vor "Explosion" der Pandemie
Polens Gesundheitsminister Adam Niedzielski hat vor einer "eigentümlichen Explosion" der Corona-Pandemie in seinem Land gewarnt. Die Zahl der registrierten Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden habe sich am Mittwoch im Vergleich zur Woche davor um hundert Prozent gesteigert, am Dienstag habe der Wert bei 85 Prozent im Vergleich zur Vorwoche gelegen, sagte Niedzielski in Warschau.
Demnach verdoppelt sich die Zahl der Neuinfektionen von Woche zu Woche. "Wenn diese Situation anhält, durchbricht sie alle Prognosen, die uns bisher vorliegen", so Niedzielski. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Mittwoch gab es 5.559 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, im gleichen Zeitraum starben 75 Menschen an oder infolge von Covid-19. Polen hat rund 38 Millionen Einwohner.
Niedzielski sagte weiter, ein Drittel der Neuerkrankungen seien in den Woiwodschaften Lublin und Podlachien im Osten und Südosten des Landes registriert worden. Er führte dies darauf zurück, dass diese Regionen von zurückliegenden Wellen der Pandemie weniger stark betroffen waren.