In der Woche zum 20. Juni sei die Zahl der infizierten Fünf- bis Neunjährigen im Vergleich zur Vorwoche um 70 Prozent gestiegen, bei den Zehn- bis 14-Jährigen sei es ein Plus von 56 Prozent, berichtete die  "Sunday Times" unter Berufung auf Zahlen der Gesundheitsbehörde Public Health.

Grund für die rasche Ausbreitung sei die hoch ansteckende Delta-Variante, berichtete die Zeitung. Der Co-Generalsekretär der Lehrergewerkschaft National Education Union, Kevin Courtney, warnte vor einer Vervielfachung der Fälle. Steve Chalke von der Wohltätigkeitsorganisation Oasis Trust sagte, Schulen seien "Inkubationszentren für die neue Delta-Variante". "Der Trend in Schulen zeigt seit drei Wochen nach oben. Wir haben offensichtlich noch nicht die Spitze dieser dritten Welle erreicht", sagte Chalke.

Eltern kritisieren zunehmend die Strategie der Regierung, bei positiven Corona-Selbsttests die ganze Klasse für zehn Tage in Selbstisolation zu schicken. Zehntausende gesunde Kinder würden deshalb den Unterricht versäumen. Befürworter der Praxis weisen indes darauf hin, dass nur 15 Prozent der Eltern ihre Kinder regelmäßig testen. Gewerkschaften fordern eine Beibehaltung der Maskenpflicht sowie eine bessere Belüftung für Schulklassen. Schulleiter hoffen auf eine baldige Entscheidung zugunsten einer Impfung von Kindern.

Auch Israel kämpft trotz hoher Impfzahlen mit der Delta-Variante

Gut 55 Prozent der 9,3 Millionen Israelis sind bereits gegen das Coronavirus geimpft. Doch seit rund einer Woche steigen die Zahlen der registrierten Neuinfektionen in dem Mittelmeerland deutlich an. Viele haben sich dabei mit der aggressiveren Delta-Variante angesteckt. Das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie im deutschen Bremen zeigte sich angesichts der Entwicklung in Israel am Wochenende beunruhigt.

Es sei "in der Tat besorgniserregend", wenn trotz der hohen Impfquote "mit einem sehr gut wirksamen Impfstoff wieder Ausbrüche stattfinden", sagte der Epidemiologe Hajo Zeeb. Noch Mitte Juni wurden in Israel Corona-Neuinfektionen landesweit nur noch im einstelligen Bereich registriert. Die Regierung schaffte darauf fast alle Einschränkungen ab. Für viele Israelis fühlte es sich an, als gehöre die Corona-Pandemie der Vergangenheit an. Doch vor rund einer Woche wurden erstmals seit April wieder mehr als 100 Neuinfektionen pro Tag nachgewiesen. Am Donnerstag stieg die gemeldete Zahl auf 227. Am Samstag lag sie bei 113, allerdings wurde dabei deutlich weniger getestet.

Nach Untersuchungen des israelischen Gesundheitsministeriums haben rund 90 Prozent der Neuinfizierten die aggressivere Delta-Variante - und rund die Hälfte ist geimpft. Die Variante wurde zuerst in Indien nachgewiesen. Die meisten der Infizierten sind auch dort Kinder.

Österreich: Experte würde Testpflicht erst ab 2. Stich erlassen

Trotz insgesamt niedriger Covid-19-Infektionszahlen gewinnt der Anteil der erstmals in Indien nachgewiesenen Delta-Variante des SARS-CoV-2-Virus hierzulande an Boden. Mit Blick in Richtung Herbst müsse man alles tun, um die Infektionen mit der ansteckenderen Variante niedrig zu halten und das "Wettrennen mit der Impfung zu gewinnen", so der Molekularbiologe Ulrich Elling zur APA. Die Testpflicht sollte daher für alle, die noch keine Zweitimpfung haben, aufrecht bleiben.

Der am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätige Forscher ist zusammen mit Kollegen um Luisa Cochella vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) Teil des Coronavirus-Variantenüberwachungsteams durch Viren-Erbgutanalysen. Laut Zahlen aus der Vorwoche liegt der Delta-Anteil unter den Neuinfektionen bei rund 25 Prozent, die Entwicklung lasse darauf schließen, dass die deutlich ansteckendere Variante schon in den nächsten Wochen dominant wird, so Elling.

Es sei davon auszugehen, dass die Erstimpfung gegen eine Delta-Infektion nicht in vollem Umfang schützt. Daher müsse alles getan werden, dass bis zum Herbst die Durchimpfungsrate hoch ist und sich tunlichst alle auch den zweiten Stich holen. Überdies müsse man verhindern, dass einmal Geimpfte andere anstecken. Diese Gruppe nach einer gewissen Zeitspanne aus der Testpflicht zu entlassen, sollte angesichts dieser Situation zurückgenommen werden, betonte Elling, der darauf verweist, dass das Nationale Impfgremium (NIG) erst kürzlich die Impfintervalle verkürzt hat. Das weise von der Idee her in die gleiche Richtung. Auch eine Diskussion um eine Impfpflicht könne man mit Blick über den Sommer hinaus durchaus führen, meint der Wissenschafter.

Vor einer breiteren Eskalation schützen Österreich aber zum Glück aktuell einige Faktoren, wie die schon beträchtliche Impfrate, die hohe Impfstoffverfügbarkeit, der größer als erhoffe saisonale Effekt und die vor der Tür stehenden Schulferien. Immerhin betreffen die stark steigenden Delta-Zahlen in Großbritannien vielfach junge Menschen.

Die Ferienzeit betrachtet Elling aber auch als "schlecht kontrolliertes Fenster, denn wir werden erst wissen, was die Menschen aus dem Urlaub mitbringen, wenn sie wieder da sind." Die nächsten Varianten werden nicht mehr wie Alpha, Beta, Gamma und Delta aus dem ursprünglichen "Wildtyp" entstehen, da dieser völlig abgemeldet ist. Es sei klar, dass neue Abkömmlinge aus schon ansteckenderen Varianten auch immer infektiöser werden. Für Elling sollte daher jeder Urlaubsrückkehrer einen PCR-Test machen.