Wie rasch sich das Infektionsgeschehen in der Corona-Pandemie ändern kann, zeigt sich am Beispiel des Bezirks Reutte im nordwestlichen Tirol. Vor sechs Wochen war das Außerfern mit seinen knapp 33.000 Einwohnern mit drei Infizierten und einer Sieben-Tages-Inzidenz Abstand von 9,1 österreichweit der am Besten da stehende Bezirk. Aktuell hält man bei 204 aktiven Fällen und einer Sieben-Tages-Inzidenz von 325,8, dem drittschlechtesten Bezirkswert in ganz Österreich.
"Es trifft zu, dass die Corona-Zahlen im Bezirk Reutte innerhalb von wenigen Wochen stark angestiegen sind. Die genauen Ursachen dazu können nur vermutet werden. Einen Beitrag dazu leistet sicher auch das Mutationsgeschehen, das auch im Bezirk Reutte - wie auch im Rest von Österreich - sehr hoch ist", teilte Bezirkshauptfrau Katharina Rumpf am Donnerstag auf APA-Anfrage mit. Stark betroffen seien in letzter Zeit auch Schulen und Kindergärten, "weshalb in den betroffenen Schulen auch auf Distance Learing bzw. in den Kinderbetreuungseinrichtungen auf Notbetrieb umgestellt wurde", meinte Rumpf in einer Stellungnahme.
Neue Mutation, neue Sorgen
In Tirol hat sich zuletzt eine neue Virusvariante verbreitet, bei der die sogenannte E484K-Mutation noch zusätzlich zu jenen Veränderungen präsent ist, die die britische Variante (B1.1.7) trägt. Diese betrifft womöglich auch das Außerfern. Einheimische führen die "schlechten Zahlen" allerdings auch auf eine wachsende Sorglosigkeit der Bevölkerung zurück.
Demnach sollen in der Lechtal-Gemeinde Elbigenalp, wo ab Mitte März rund zwei Dutzend Fälle auftraten, die Infektionen von einer Person den Ausgang genommen haben, die sich trotz Corona-Symptomen im Dorf mit anderen Leuten getroffen und unter anderem an einer Geburtstagsfeier teilgenommen hat. In Weißenbach am Lech, wo bei 1.280 Einwohnern derzeit 19 aktive Fälle dokumentiert sind, führen Einheimische das epidemiologische Geschehen auf ein Rosenkranzgebet in der Dorfkirche zurück.
Bei 53 aktiven Fällen hält man gegenwärtig im Bezirkshauptort Reutte. Bürger der Marktgemeinde mit rund 7.000 Einwohnern berichteten in den vergangenen Tagen der APA von vermehrten Familientreffen und Zusammenkünften größerer Gruppen, bei denen nicht immer auf die Regeln zum Schutz vor einer Weiterverbreitung von SARS-COV-2 geachtet worden sein soll. Außerdem dürfte es in einem großen Betrieb in einer Nachbargemeinde, in dem etliche Reuttener beschäftigt sind, zu Infektionen gekommen sein.
Um sich ein genaues Bild über die Infektionslage in der Marktgemeinde machen zu können, wird in Reutte bis kommenden Dienstag ein kostenloser PCR-Gurgeltest angeboten, von dem möglichst viele Bürger Gebrauch machen sollen. Verpflichtendende Ausreisetests, die es in Elbigenalp und Weißenbach gegeben hatte, sind in Reutte derzeit noch kein Thema.
Wie Bezirkshauptfrau Rumpf berichtete, wurde auch in der 533-Seelen-Gemeinde Heiterwang im Hinblick auf steigende Fallzahlen ein verstärktes Testangebot organisiert und die dortige Bevölkerung zu vermehrtem Testen aufgerufen. Aktuell scheinen in Heiterwang 18 aktive Fälle auf.
Auf das Reuttener Krankenhaus scheinen die erhöhten Infektionen unterdessen keinen wesentlichen Einfluss zu haben. Mit Stand Donnerstag befanden sich dort sieben Corona-Patienten auf Normalstationen und einer auf der Intensivstation.