Die Lombardei, die italienische Region, die am stärksten von Covid-19 betroffen ist, will einen von Wissenschaftern entwickelten Algorithmus anwenden, um die ins Stocken geratene Impfkampagne wieder in Gang zu bringen. Der Algorithmus soll entscheiden, welche Bürger bei der Impfung Vorrang haben sollen.

Ein Team der Mailänder Universität Bicocca hat den Algorithmus entwickelt, um die regionalen Ungleichheiten in der Impfpolitik zu beseitigen. Die Regionalregierung der Lombardei stimmte der Einsetzung zu. Das Gesundheitsministerium erwägt ebenfalls, das System für die Anwendung auf nationaler Ebene zu empfehlen.

"Wir glauben, dass wir Hunderte von Todesfällen hier in der Lombardei und Tausende in Italien verhindern können, wenn wir zuerst die wirklich gefährdeten Personen impfen", sagte Giovanni Corrao, Professor für medizinische Statistik der Universität Bicocca, der das Projekt leitete. Die Lombardei, die größte Region Italiens, hat massive Probleme bei den Impfungen und ist deswegen ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Auf die Lombardei entfällt ein Sechstel der italienischen Bevölkerung, hier wurden zugleich fast ein Drittel der Covid-19-Todesfälle gemeldet.

Das Gesundheitsministerium in Rom drängt, dass ältere Menschen, Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Sicherheitskräfte, Lehrer und Menschen mit chronischen Krankheiten zuerst geimpft werden. Im Rahmen des dezentralisierten italienischen Gesundheitssystems haben jedoch die 20 Regionalregierungen des Landes das letzte Wort bei der Reihenfolge der Impfungen. Einige Regionen haben auch den Appellen von Berufsgruppen wie Anwälten und Journalisten nachgegeben, die sich prioritär impfen lassen wollen. Indem der Algorithmus die Reihenfolge der Impfungen streng wissenschaftlich und technisch festlegt, könne politischer Druck für die Immunisierung bestimmter Berufsgruppen verhindert werden, so die Experten, die am System arbeiten.

Die Universität Bicocca begann mit den Forschungen für das Algorithmus-Projekt im vergangenen Frühjahr. Ursprünglich wurden die Daten der Covid-19-Patienten in der Lombardei analysiert und dann während der zweiten Welle im Herbst auf die südlichen Regionen Apulien und Sizilien ausgeweitet. Ziel der Studie war es herauszufinden, welche Gruppen von Patienten nach Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und zahlreichen anderen Faktoren am stärksten vom Virus betroffen sind.

Das Team identifizierte 34 potenzielle Zustände oder Krankheiten, die das Risiko durch Covid-19 erhöhten, darunter Diabetes, Herzkrankheiten, Anämie und hämato-onkologische Erkrankungen.