Jeder 14. Tote im Jahr 2020 war auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Nach der am Freitag von der Statistik Austria veröffentlichten vorläufigen Sterbestatistik starben im Vorjahr 90.517 Menschen in Österreich. 6.477 davon waren Todesfälle an Covid-19. Bei weiteren 1.382 Gestorbenen kam Covid-19 als Begleiterkrankung zu einem schweren Grundleiden dazu.
"Die höhere Sterblichkeit im Jahr 2020 geht zweifellos auf die Corona-Pandemie zurück", konstatierte Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Im Vorjahr starben in Österreich um 7.131 Menschen oder um neun Prozent mehr als 2019, als 83.386 Todesfälle in Österreich registriert wurden. "Zum Zeitpunkt der zweiten Corona-Welle übertraf die Covid-Sterblichkeit sogar die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen, die in den letzten Jahren mit Abstand für die meisten Sterbefälle verantwortlich waren", sagte Thomas. 7.131 Tote mehr entsprechen der Statistik Austria zufolge ungefähr der Anzahl der Sterbefälle eines durchschnittlichen Monats.
Mit einem leichten Anstieg der Sterbefälle rechnete die Statistik Austria für 2020 auch ohne Pandemie. Davon sei wegen der gestiegenen Bevölkerungszahl und wegen Veränderungen in der Altersstruktur auszugehen gewesen. Die Bevölkerungsprognose im Herbst 2019 ging von 85.075 Sterbefällen für 2020 aus. Die tatsächlichen Zahlen übertrafen die Prognose um 5.442 Sterbefälle bzw. 6,4 Prozent.
Die zusätzlichen Sterbefälle wurden laut Statistik Austria erwartungsgemäß von Covid-19 verursacht. Der Corona-bedingte Zuwachs von 7,2 Prozent an Todesfällen gegenüber 2019 verteilte sich aber nicht gleichmäßig auf die Geschlechter: Es starben um 7,6 Prozent mehr Männer am Coronavirus, aber nur um 6,7 Prozent mehr Frauen. Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19 traten vor allem im höheren Alter auf: 97 Prozent der Betroffenen waren älter als 60 Jahre. Insgesamt war Covid-19 bei 8,4 Prozent aller Verstorbenen ab 80 Jahren, jedoch nur bei 0,9 Prozent der Verstorbenen unter 40 Jahren die ausschlaggebende Todesursache.
Deutlich mehr ältere Frauen als Männer
Nun ist es so, dass es in Österreich deutlich mehr ältere Frauen als Männer gibt. Daher ist unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Altersstruktur bei Männern und Frauen in der Bevölkerung von einer etwa eineinhalb mal so hohen Corona-bedingten Sterblichkeit unter Männern auszugehen wie bei Frauen, hieß es bei der Statistik Austria auf Nachfrage der APA. Das wäre im übrigen weitere vertiefende Untersuchungen wert.
Deutliche Unterschiede zeigten sich auch nach Bundesländern: Besonders viele Sterbefälle waren in Kärnten (9,4 Prozent), Tirol (8,8 Prozent) und der Steiermark (8,4 Prozent) auf Covid-19 zurückzuführen. In Niederösterreich (5,1 Prozent), dem Burgenland (5,4 Prozent) und Wien (6,4 Prozent) fiel der Anteil der an Covid-19 Verstorbenen an allen Sterbefällen niedriger aus.
48% der Todesfälle im Krankenhaus
Insgesamt ereigneten sich knapp die Hälfte, nämlich 48 Prozent aller Todesfälle im Vorjahr im Krankenhaus. Unter den Corona-bedingten Sterbefällen wurden allerdings 73 Prozent in Spitälern verzeichnet. Ein weiteres Detail: Die Zahl der durch Corona verursachten Todesfälle war während der zweiten Welle im Herbst sogar die Todesursache Nummer eins, wenn man sich die Statistik der Kalenderwochen ansieht.
Unter den 2020 an Covid-19 Verstorbenen litten knapp drei Zehntel auch an Bluthochdruck - die häufigste Begleiterkrankung. Rund ein Fünftel hatte zusätzlich eine Nierenerkrankung. Bei rund 18 Prozent der Corona-Toten wurde zusätzlich Diabetes, eine ischämische Herzkrankheit oder eine demenzielle Erkrankung auf dem Totenschein vermerkt, bei rund zehn Prozent eine chronische Atemwegserkrankung und etwa ebenso häufig eine Krebserkrankung. Weiters waren Schlaganfälle, Krankheiten der Verdauungsorgane, Adipositas und Lungenembolien häufig angegebene Begleiterkrankungen.
Neben den an der Pandemie Verstorbenen weist die Todesursachenstatistik für 2020 noch 1.382 Menschen mit Covid-19 als Begleiterkrankung aus. Bereits bestehende schwerwiegende Grundleiden wurden möglicherweise dadurch so weit verschlechtert, dass dies letztlich zum Tod führte. Die häufigsten Grundleiden dieser Personen waren demenzielle Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson oder Nierenleiden (jeweils rund vier Prozent der an diesen Krankheiten Verstorbenen), ebenso wie verschiedenste Krebserkrankungen.
Bei den anderen Todesursachen war laut Statistik Austria vor allem ein deutlicher Anstieg bei Krankheiten von Niere und Urogenitalsystem zu sehen: 2019 war bei 1.848 Verstorbenen die Ursache darauf zurückzuführen, 2020 waren es 2.294 und damit um rund 24 Prozent mehr. Den Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (2015 bis 2019) übersteigt die Zahl der an dieser Todesursache verstorbenen Menschen im Jahr 2020 sogar um 29,2 Prozent.
Rückgang bei Influenza und Pneumonie
Den mit minus 16,7 Prozent deutlichsten Rückgang gab es bei an Influenza und Pneumonie verursachten Sterbefällen. 2020 starben daran insgesamt 1.201 Personen, 2019 waren es 1.441. Die Zahlen der Sterbefälle der meisten anderen Todesursachen haben sich hingegen unauffällig entwickelt und zeigen nur geringe Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Leichte Zuwächse gab es beispielsweise bei Leukämie, Morbus Parkinson und tödlichen Unfällen durch Stürze.
Rückläufig entwickelt hat sich die Zahl der Suizide. 2020 wurden insgesamt 1.068 Selbstmorde registriert, um 45 bzw. 4,0 Prozent weniger als 2019 (1.113 Suizide). Im Vergleich mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre fiel der Rückgang an Suiziden mit minus elf Prozent noch deutlicher aus.
"Erste erfreuliche Entwicklungen"
Die Sterbefälle der sechsten Kalenderwoche 2021 (8. bis 14. Februar) blieben mit 1.751 nach den vorläufigen Daten der Statistik Austria übrigens um 2,1 Prozent unter dem Durchschnitt der Vergleichswochen der vorhergehenden fünf Jahre. Dieser Wert ist nun die dritte Woche in Folge gesunken.
Für Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) unterstreicht die Statistik das hohe Risiko durch Covid-19, das "von Teilen der Bevölkerung und der Politik nach wie vor unterschätzt wird", wie er via Aussendung sagte. Er wies aber auch bei den bereits geimpften Bevölkerungsgruppen auf "erste erfreuliche Entwicklungen" hin.