Eine ausreichende Vorlaufzeit von drei bis vier Wochen und Testbereitschaft des Publikums: Für die heimische Kino- und Theaterbranche sind das Voraussetzungen für eine baldige Wiedereröffnung, die im Rahmen einer Branchenrunde im "Öffnungs-Gipfel" in der Wirtschaftskammer Wien diskutiert wurde. "Wir sind nicht Gefährder, sondern Ermöglicher", unterstrich Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, den mehrmaligen Verweis auf Präventionskonzepte.
"Wir wollen Bond auf der Leinwand sehen"
Laut Christian Dörfler, Obmann des WKÖ-Fachverbands der Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe, sei die Kinobranche "absolut bereit, aufzusperren". Wie eine deutsche Studie sowie eigene Messungen ergeben hätten, seien Kinosäle "absolut sicher". Allerdings betonte er auch die "große Abhängigkeit von internationalen Märkten". Es brauche weltweit eine gewisse Anzahl an offenen Kinos, damit die internationalen Verleiher überhaupt die Kinofilme freigeben. Diesen Umstand unterstrich auch Cineplexx-Geschäftsführer Christof Papousek. Immerhin bringe der Rückfluss aus der Kinoauswertung bis zu 50 Prozent der Einnahmen, weshalb zahlreiche Starttermine verschoben wurden, statt die Filme für Streaming-Plattformen freizugeben. "Wir wollen James Bond auf der großen Leinwand sehen und nicht auf 55-Zoll-Flachbildschirmen."
Einer baldigen Öffnung der Kinos stehe aus seiner Sicht nichts im Wege. "Selbst bei einer Auslastung von 100 Prozent und wenn die Menschen keine Masken tragen, stellen Kinos nur ein mittleres Risiko dar", verwies er auf Luftmessungen in Kinosälen. Daher hoffe er auf "sinnvolle, betrieblich durchsetzbare Vorgaben". Eine Maskenpflicht im Saal oder Teststraßen vor den Kinokassen lehnt er ab. Eine ähnliche Regelung wie im Handel - 20 Quadratmeter pro Besucher - sei ebenfalls nicht sinnvoll. Mithilfe von - im Idealfall digital vorgelegten Tests - könne man eine deutlich höhere Auslastung zulassen. Das Testen werde künftig "ein Teil der Fortgehkultur" sein, ist sich auch Julia Gaugusch-Prinz, Geschäftsführerin der Waldviertler Kinos, sicher. Wichtig werde es nun sein, dem Publikum "zu zeigen, was es verpasst hat".
"Ganz viele Branchen haben sich sehr gut vorbereitet", verwies Georg Geczek, zuständig für die "Event Safety" beim Wiener Roten Kreuz, auf die zahllosen eingereichten Präventionskonzepte der Kulturbranche. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass es auch von der Eigenverantwortung der Besucher abhängen werde, einen reibungslosen Kino- oder Theaterbesuch zu ermöglichen. So könne es durchaus ein gangbarer Weg sein, die Häuser auch für jene zu öffnen, die "nur" einen Schnelltest zu Hause gemacht haben.
Der Wunsch nach Planungssicherheit dominierte schließlich auch die Diskussion der Vertreter aus dem Bereich Theater. "Es geht jetzt darum, mit diesem Virus zu leben", unterstrich Veranstalter und Agent Georg Hoanzl. Es sei eine politische Entscheidung, "zu sagen, wenn die Pandemie vorbei ist", aber ebenso eine politische Entscheidung, den Veranstaltern unter den gegebenen Voraussetzungen eine Perspektive zu bieten. Hier nannte er den Schutzschirm für Veranstalter als geeignetes Instrument.
"Vor 100 Leuten zu spielen, wäre Supergau"
Franz Patay, Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen Wien, pochte auf eine baldige konkrete Perspektive: "Es ist ja nicht so, dass man das Licht aufdreht und alles spielt." Es müssten schließlich auch wieder Spielpläne vorgelegt und Tickets verkauft werden. "Man braucht dafür bei großem Haus ungefähr sechs Wochen." Die wirtschaftliche Seite betonte unterdessen Christian Kircher, Geschäftsführer der Bundestheater Holding. Neben der Vorlaufzeit brauche es auch eine ausreichende Anzahl von Menschen, die man wieder bei den Vorstellungen begrüßen dürfe. "Vor 100 Leuten zu spielen, wäre in großen Häusern der wirtschaftliche Supergau." Er wünsche sich bei einer Öffnung "vernünftige und vertretbare Publikumszahlen". Besonders überzeugt von den Präventionskonzepten zeigte sich Kabarettist und Theatermacher Michael Niavarani: "Ich glaube, dass man mit diesen Konzepten sogar im Lockdown öffnen könnte."