In der Frage, ob gegen das Coronavirus geimpften Menschen Vorteile eingeräumt werden sollten, vertreten die EU-Länder teils sehr unterschiedliche Positionen. Besonders vom Tourismus abhängige Länder wie Griechenland sehen Impfzertifikate als Möglichkeit, um Reisen zu ermöglichen. Am Montag schloss Griechenland bereits ein Tourismusabkommen mit Israel, wonach gegen Corona Geimpfte schon bald im jeweils anderen Land uneingeschränkt Urlaub machen können.

Auch die nördlichen Länder haben weitgehende Pläne, Österreich tritt ebenfalls für ein einheitliches Impfzertifikat ein, davon könne der heimische Tourismus profitieren, hieß es zur Begründung. Andere Staaten sind sehr viel skeptischer.

REISEFREIHEIT

Griechenland hatte die Debatte im Jänner mit einem konkreten Vorschlag für ein Impfzertifikat angestoßen: Für Geimpfte soll demnach möglichst bald wieder uneingeschränkte Reisefreiheit in der EU gelten. Ähnlich positionierte sich das ebenfalls stark vom Tourismus abhängige Spanien. Beide Länder haben bisher davon abgesehen, ein solches Zertifikat auf nationaler Ebene einzuführen, sondern setzen auf eine europäisch koordinierte Lösung.

Allerdings schuf Athen mit seinem Abkommen mit Israel am Montag Fakten: Sobald ein "signifikanter Teil der Bevölkerung geimpft" worden sei, sollen Griechen in Israel Urlaub machen können und Israelis in Griechenland. Eine ähnliche Absprache hatte Athen im Jänner bereits Serbien in Aussicht gestellt.

Die Reaktion vieler anderer EU-Staaten auf eine gemeinsame Regelung für Reisefreiheit durch Impfzertifikate war bisher allerdings zurückhaltend. Die EU-Kommission arbeitet nach eigenen Angaben nun an zwar gemeinsamen Kriterien für Impfausweise, diese sollen zunächst aber nur für "medizinische Zwecke" verwendet werden.

EXISTIERENDE IMPFZERTIFIKATE

Island, das nicht Mitglied der EU, wohl aber im Schengen-Raum ist, hat bereits damit begonnen, gegen Corona geimpften Bürgern digitale Zertifikate auszustellen. Europäern mit vergleichbaren Nachweisen will Reykjavik die Einreise erlauben. International anerkannt sind solche Impfzertifikate aber nicht.

Im technologieaffinen Estland läuft ein Pilotprojekt mit einer Plattform für Impfdaten, die automatisch auch Impfausweise erstellt. Bei der Einreise nach Estland bleibt geimpften Menschen bereits die ansonsten obligatorische Quarantäne erspart. So ist es auch in Polen, wo Reisende dafür eine spezielle Smartphone-App nutzen können.

WEITERGEHENDE PLÄNE

Die nordischen EU-Länder gehen noch einen Schritt weiter. Schweden und Dänemark wollen elektronische Impfausweise einführen, die neben Reisen auch den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen ermöglichen könnten. Die dänischen Pläne schließen zudem Restaurantbesuche ein. Finnland erwägt ebenfalls die Einführung solcher elektronischer Impfpässe. Österreich ist für einen europäischen Impfpass.

WARNUNGEN VOR VERFRÜHTER DEBATTE

Andere Länder, etwa Deutschland und Frankreich, halten die Debatte hingegen für verfrüht. Unter Verweis auf eine Einschätzung des Ethikrates hält Deutschland Impfzertifikate für keine Option, solange nicht jeder Bürger die Möglichkeit bekommen hat, sich impfen zu lassen, und darüber hinaus nicht klar ist, ob die Corona-Impfung auch die Weiterverbreitung des Virus unterbindet. Aus Paris hieß es, die Debatte könne aus diesen Gründen erst "in einigen Monaten" ernsthaft geführt werden.

GRUNDSÄTZLICHE ABLEHNUNG

Belgien etwa lehnt es prinzipiell ab, Impfungen zur Bedingung für die Teilnahme an Veranstaltungen zu machen. Ähnlich äußerten sich auch deutsche Regierungsvertreter, Deutschlands Innenminister Horst Seehofer sprach von einem "Impfzwang durch die Hintertür". Justizministerin Christine Lambrecht schränkte allerdings ein, dass es rechtlich schwierig sei, Privatunternehmen wie Restaurants oder Konzertveranstaltern zu verbieten, ihre Dienste nur geimpften Menschen anzubieten.