Das Nationale Impfgremium hat am Sonntagabend einstimmig den Weg zur Verimpfung der Corona-Vakzine von AstraZeneca in Österreich freigemacht. Allerdings mit einer Einschränkung. Für über 65-Jährige gab es keine Empfehlung, weil in dieser Altersgruppe noch kein ausreichendes Datenmaterial zur Wirksamkeit vorliegt. Das Gremium empfahl die Vakzine in der Gruppe der 18- bis 64-Jährigen einstimmig, für Senioren und Hochrisikopatienten soll aber ein mRNA-Impfstoff verwendet werden.
Dabei betonte das Gremium, dass der Impfstoff aber auch für Senioren unbedenklich und sicher sei. Sollte es bei der Impfanwendung mit den mRNA-Impfstoffen (Pfizer/Biontech bzw. Moderna) logistische Probleme geben, könne der AstraZeneca-Impfstoff somit auch Älteren verabreicht werden.
Österreichischer Impfplan wird angepasst
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) begrüßten in einer Stellungnahme die Empfehlung des Gremiums: "Mit der Zulassung durch die EMA und der Entscheidung des Nationalen Impfgremiums haben wir nun klare Vorgaben für den Impfstoff von AstraZeneca in der Hand und können sehr rasch - möglichst ab dem 7. Februar - mit dem dritten zugelassenen Impfstoff in Österreich starten. Heute wird die Entscheidung des Nationalen Impfgremiums mit den Landeshauptleuten diskutiert und der österreichische Impfplan an die neuen Rahmenbedingungen angepasst. Dieser wird noch in der ersten Wochenhälfte beschlossen und veröffentlicht."
FPÖ-Chef Norbert Hofer kritisierte die Impfstrategie von Kurz ("Kein Game Changer, sondern ein Game Over" ) und forderte den sofortigen Rücktritt von Anschober. "Bereits im März 2020 war bei der Rekrutierung der Testpersonen öffentlich einsehbar, dass dieser Impfstoff fast ausschließlich an unter 60 Jährigen erprobt wurde. Damit war von Anfang an klar, dass es auch keine Impfempfehlung für ältere Personen geben wird können", so Hofer. Es sei völlig unverständlich, dass Anschober angesichts dieser erwartbaren Entscheidung keinen alternativen Impfplan erarbeitet habe. Weiters verlangte Hofer die Entlassung des Corona-Sonderbeauftragten des Gesundheitsministeriums und Vize-EU-Vakzine-Koordinators Clemens Martin Auer. Dieser habe dieses Impfstoffdesaster nicht nur Österreich, sondern der gesamten Europäischen Union eingebrockt und müsse daher umgehend abgezogen werden. Auer sei eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung.
Vergleichbare Wirksamkeit wahrscheinlich
Das Impfgremium empfahl die Anwendung des AstraZeneca-Impfstoffes in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen. "Für diese Altersgruppe liegen genügend gute Daten zur Sicherheit und Effektivität vor, um den Impfstoff als gut wirksam gegen symptomatische Infektion und schwere Erkrankungsfälle (Hospitalisierung, ICU, Tod) für 18- bis 64-Jährige zu empfehlen", wie es in einem Papier des Gremiums hieß.
Für die Altersgruppe der 65-Jährigen und darüber sind dem Nationalen Impfgremium zufolge zwar "die immunologischen und Sicherheitsdaten vergleichbar gut wie bei den jüngeren Personen. Aufgrund der kleinen Gruppengröße und der niedrigen Zahl aufgetretener Erkrankungsfälle ist für diese Altersgruppe zum jetzigen Zeitpunkt (!)keine sichere Aussage zur Wirksamkeit möglich", betonten die Experten. Sie vermuteten aber, "dass beim Vorliegen von weiteren Daten (entsprechende Studien sind derzeit u.a. in USA und UK im Laufen) eine uneingeschränkte Empfehlung ausgesprochen werden kann", hieß es in dem Papier. "Besonders die Daten hinsichtlich Immunogenität lassen eine vergleichbare Wirksamkeit wie bei den jüngeren Probanden erwarten."
Pensionistenverband äußerte Bedenken
Bedenken gegen den AstraZeneca-Impfstoff hatten bereits zuvor der Pensionistenverband (SPÖ) und der Seniorenbund (ÖVP) geäußert: "Es gibt keine belastbaren Daten bezüglich Wirkung und Verträglichkeit des AstraZeneca-Impfstoffs für Personen ab 65 Jahren", hielt PVÖ-Präsident Peter Kostelka fest. Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec will die Ergebnisse einer großen US-Studie von AstraZeneca abwarten.
Kostelka verwies auf die Entscheidung der "Ständigen Impfkommission" in Deutschland, die sich lediglich auf eine Teilzulassung des AstraZeneca-Impfstoffes für Personen unter 65 Jahren verständigt hatte. Die eingeschränkte Einsetzbarkeit des AstraZeneca-Impfstoffes und die Lieferschwierigkeiten auch bei den beiden anderen Impfstoffen mache ein Einhalten des Zeitplans der ursprünglichen Impfstrategie unmöglich, bedauerte Kostelka. Er forderte daher von der Regierung die rasche Ausarbeitung einer alternativen Impfstrategie. Unumgänglich sei auch volle Transparenz, was den Impfplan betrifft: "Die älteren Menschen wollen sich und andere schützen. Aber sie wollen genau wissen wer, wann, wie, wo und geimpft werden kann."
Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec bezeichnete die vorläufige Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffes nur für Menschen bis 65 Jahren als "den richtigen Weg", über den sie sehr froh sei. "Diese vernünftige und vorsichtige Entscheidung ist wichtig für den Schutz der älteren Menschen. Wir dürfen aber keine Zeit beim Impfen verlieren. Wir haben Impfstoffe, deren Wirksamkeit für Menschen über 65 ausreichend geprüft sind. Daher müssen auch diese jetzt für ältere Menschen eingesetzt werden!"