„In Zeiten wie diesen ist das befremdlich“, sagte ein Einheimischer am Freitagvormittag, als er mit seiner Frau das Gemeindeamt verließ. Nachdem Flachau im Frühjahr unter Quarantäne gestellt worden war, ist die Gemeinde wegen zahlreicher Coronavirus-Infektionen nun wieder weit über Salzburgs Grenzen hinaus Gesprächsthema.
Befremdlich ist das deswegen, weil in einem Jugendsporthotel 152 Wintersportler, großteils aus Dänemark und den Niederlanden, unter anderem auch aus Deutschland und Großbritannien für Skilehrerausbildungen einquartiert wurden – während des Lockdowns. Am Donnerstag wurden die ersten Virusfälle bekannt. Der Cluster hat sich nach behördlich angeordneten PCR-Tests auf 42 Fälle ausgewachsen. Acht Ergebnisse waren ausständig. Für ihn sei es irritierend gewesen zu sehen, dass sich eine große Zahl junger Leute zum Skilift bewegte, während Schulen geschlossen blieben, erzählte der Mann. „Die Bevölkerung hat keine Freude“, meinte seine Frau.
Das hat Bürgermeister Thomas Oberreiter (ÖVP) schon vor Wochen zu spüren bekommen. Er sei schon im Dezember gefragt worden, warum sich die große Gruppe in Flachau aufhalte. „Auf der einen Seite haben wir Lockdown, auf der anderen Seite gehen 150 Leute zum Lift. Das hat schon für Befremden gesorgt.“
Als die deutlich infektiösere Coronavirus-Mutation aus Großbritannien in Tirol aufgetreten sei, habe er beim Skilehrerverband nachgehakt. "Nach Jochberg habe ich noch einmal angerufen, ob eh keine Briten da sind."
Wenig Verständnis in der Bevölkerung
Dass Flachau nun wieder in die Schlagzeilen geraten ist, sei „für uns nicht lustig. Und es ärgert mich irgendwie auch.“ Er zweifle Die PCR-Tests lieferten zahlreiche weitere Infektionen zutage. Am Freitag folgten Konsequenzen: Alle Kurse sind bis auf Weiteres abgesagt. nicht daran, dass die Ausbildung der Skilehrer rechtlich in Ordnung gewesen sei, aber: „Ob das alles so notwendig gewesen ist, möchte ich hinterfragen.“
„Wir verstehen den Unmut der Bevölkerung“, sagte Christian Pucher, Sprecher von LH Wilfried Haslauer (ÖVP). Die Kurse seien durch die Bundesvorgaben gedeckt gewesen. Man sei sich dessen bewusst, dass die Ausbildung von Skilehrern aus dem Ausland inmitten des Lockdowns ein „unglückliches Bild“ abgebe. Daher habe man sich mit dem Verband darauf verständigt, geplante Kurse abzusagen und die laufenden in Flachau, Obertauern und Maria Alm mit in Summe mehr als 250 Teilnehmern abzubrechen.
Am Sonntag können sich die gut 2900 Einwohner kostenfrei einem Schnelltest unterziehen. Dafür werden beim Allgemeinmediziner im Ort zwischen 8 und 18 Uhr zwei Teststraßen eingerichtet. Man wolle wissen, ob es eine weitere Verbreitung des Virus gegeben habe.
Der Salzburger Berufsskilehrerverbandwehrt sich gegen Vorwürfe. Es habe ein umfassendes Sicherheitskonzept gegeben, sagt Ausbildungsleiter Klaus Burgschwaiger. So sei den Gruppen untereinander der Kontakt untersagt worden, Theorie sei ausschließlich online angeboten worden. Wie sich das Virus verbreitet habe, sei „nicht schlüssig“. Es habe keine Menschenansammlungen gegeben. „Die Kandidaten sind alle so geimpft worden, wenn einmal eine Party ist, schmeißen wir das ganze Zimmer raus ohne Ermahnung.“
Politisches Nachspiel
Burgschwaiger verteidigte die Kurse trotz des Lockdowns. Man habe erst am Sonntag erfahren, dass auch im Februar nicht mit Touristen zu rechnen sei – andernfalls wäre in den Skigebieten viel los gewesen. „Wir müssen Gewehr bei Fuß stehen. Sonst hätten wir sofort die Kritik, dass die Betriebe aufsperren und wir keine Skilehrer hätten.“
Die Causa hat ein politisches Nachspiel. Am Donnerstag wollte noch niemand an den Kursen rütteln. „Das ist Sache des Gesundheitsministeriums“, hieß es vom Sprecher des Landes. Nun wolle man prüfen, ob es rechtliche Möglichkeiten gebe, solche Zusammenkünfte zu verbieten, sagte LH-Sprecher Pucher am Freitag. Dazu solle auch in einer Videokonferenz des Gesundheitsministeriums mit Vertretern der Länder Tirol und Salzburg beraten werden, sagte der grüne Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer. „Es gibt großes Interesse daran, eine Lösung zu finden, das zu unterbinden.“
Thomas Sendlhofer